Ein Ausblick auf die Gesetzesänderungen 2022

Einige der Gesetzesänderungen für 2022 brauchen Vorbereitung vonseiten der Studiobetreiber. Der DSSV e. V. informiert Sie über alles, was Sie jetzt wissen müssen.
Lesezeit: 4 Minuten
DSSV: Gesetzesänderungen 2022
DSSV: Gesetzesänderungen 2022
Einige der im Laufe des Jahres 2022 umzusetzenden Gesetzesänderungen brauchen eine gewisse Vorbereitung vonseiten der Studiobetreiber. Daher informiert Sie der DSSV e. V. bereits heute darüber, was im neuen Jahr auf Sie zukommen wird.

Mindestlohnerhöhung

Ab dem 1. Januar 2022 steigt der Mindestlohn von 9,60 Euro auf 9,82 Euro pro Stunde. In einem weiteren Schritt wird er dann zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro erhöht. Problematisch wird es in den Fällen, in denen Mitarbeitende für eine bestimmte Zahl an Stunden fest eingeplant werden.

Wenn sich der Stundenlohn auf 9,82 Euro erhöht, muss die Monatsstundenzahl um ca. eine Stunde herabgesetzt werden, um die 450-Euro-Grenze nicht zu überschreiten; ab Juli 2022 dann sogar um drei Stunden. 

Auch Auszubildende erhalten mehr Lohn 

Zum Jahresbeginn 2022 wird der Mindestlohn für Auszubildende angepasst. Ab 1. Januar 2022 sind für das erste Ausbildungsjahr mindestens 585 Euro monatlich und ab 2023 mindestens 620 Euro zu zahlen. Weitere Erhöhungen gibt es pro Lehrjahr: 18 Prozent mehr stehen den Auszubildenden im zweiten, 35 Prozent mehr im dritten und schließlich 40 Prozent mehr im vierten Ausbildungsjahr zu.



Dringend zu beachten ist aber, dass unabhängig von der nun vereinbarten fixen Lohnuntergrenze Auszubildende weiterhin nach § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG) einen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Ausbildungsvergütung haben. Sofern einschlägige Tarifverträge nicht bestehen, sind als Maßstab Branchentarifverträge heranzuziehen.


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Das Bundesarbeitsgericht hat bei einer Unterschreitung des Lohnes um 20 Prozent eine Unverhältnismäßigkeit bejaht und beispielsweise einem Auszubildenden deswegen eine Nachzahlung von mehr als 21.000 Euro zugesprochen (BAG, Urteil vom 29. April 2015, Az. 9 AZR 108/14). Zu beachten bleibt, dass dies alles keine Gültigkeit für dual Studierende hat. 

Bei Entgeltumwandlungen zu beachten

Ab 2022 müssen Arbeitgeber zu allen Entgeltumwandlungen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) ihrer Beschäftigten einen verpflichtenden Arbeitgeberzuschuss zahlen. Im Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG), dessen nächste Stufe 2022 in Kraft tritt, wird geregelt, dass jeder Arbeitgeber, der durch die Entgeltumwandlungen der Mitarbeitenden z. B. in Form von Direktversicherungen, Pensionskassen oder -Fonds, Anteile von Sozialversicherungsbeiträgen spart, die reale Ersparnis, aber höchstens 15 Prozent des umgewandelten Entgelts, als Zuschuss zahlen muss.

Gibt es in einem Arbeitsverhältnis entsprechende Modelle, muss der Arbeitgeber zunächst einmal überprüfen, welche Sozialversicherungsbeiträge er einspart. Von der Sozialversicherungspflicht befreit sind Entgeltumwandlungsbeträge von höchstens 284 Euro im Monat (Stand 2021). Der maximale gesetzlich verpflichtende Arbeitgeberzuschuss beträgt daher ab 1. Januar 2022 42,60 Euro (= 15 Prozent).



Freigrenze steigt bei Sachbezügen

Die monatliche 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge wird ab Januar 2022 auf 50 Euro erhöht. D. h. Arbeitgeber dürfen ab diesem Zeitpunkt steuerfrei 50 Euro als Sachbezüge für ihre Arbeitnehmer investieren. Gutscheine und Geldkarten müssen jedoch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllen, um von der Finanzverwaltung als Sachbezüge angesehen zu werden. Auch nach der neuen Rechtslage können Gutscheine, die auf Fitnessleistungen begrenzt sind (z. B. für den Besuch der Trainingsstätten und zum Bezug der dort angebotenen Waren und Dienstleistungen), genauso wie Karten für betriebliche Gesundheitsleistungen (einschließlich betrieblicher Gesundheitsleistungen des Arbeitgebers im Sinne des § 3 Nr. 34 EStG) als steuerfreie Sachbezüge gewertet werden.

Vorschusserhebung 

Ab 2022 gibt es einen Wechsel bei der Beitragserhebung zur Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG). Statt der rückwirkenden Erhebung des Beitrags in einer Summe hat die Zahlung an den VBG zukünftig auf vier Abschlagszahlungen über das Jahr verteilt im Voraus zu erfolgen. Dies gilt aber nur für Unternehmen, die einen entsprechend hohen Beitrag (5.000 Euro jährlich) leisten. Mit der Umstellung auf die Vorschusserhebung wird dem Anliegen genau dieser Unternehmen mit einer hohen Beitragsbelastung entsprochen. Wichtig: Es wird keine Mehr- oder Doppelbelastung der Unternehmen wegen der Umstellung der Finanzierung auf Beitragsvorschüsse geben.

Branchenspezifische Infos zur Beitragsanpassung

Die Gefahrklasse für die Versicherten, die keine bezahlten Sporttreibenden sind, beträgt im Gefahrtarif 2022 in der neuen Teilgefahrtarifstelle 12.2 Gefahrklasse 2,45 und ist gegenüber dem Gefahrtarif 2017 (Gefahrklasse 2,71) gesunken. Die Sportunternehmen werden ab 2022 somit zu den zwei Teilgefahrtarifstellen 12.1 und 12.2 mit den jeweiligen Gefahrklassen veranlagt. Fitness- und andere Sportstudios sowie Sport-, Gymnastik-, Ballett- und Tanzschulen werden – wie bisher – nur zu der Teilgefahrtarifstelle 12.2 veranlagt.

Elektronische AU soll Arbeitgeber entlasten

Am 1. Januar 2022 startet die verpflichtende Übermittlung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU) durch die Praxen an die Krankenkassen. Da 2021 die erforderliche technische Ausstattung in den Praxen noch nicht flächendeckend vorhanden war, wurde die Verpflichtung zur digitalen Übermittlung von Januar 2021 auf Anfang 2022 verschoben. Das digitale Übermittlungsverfahren an die Arbeitgeber soll erst am 1. Juli 2022 beginnen. Die Ausgestaltung des Datenaustauschverfahrens erfolgt aktuell auf Bundesebene. Das Ziel des eAU-Verfahrens ist es, Bürokratie zu vermeiden.

Gesetz für faire Verbraucherverträge

Bei Fitnessstudioverträgen, die ab dem 1. März 2022 abgeschlossen werden, sind zwingend die Vorgaben des Gesetzes für faire Verbraucherverträge zu beachten: Danach ist zukünftig zwar weiterhin eine Erstlaufzeit von maximal 24 Monaten zulässig, aber keine feste Verlängerung. Vielmehr dürfen Fitnessstudioverträge nach der Erstlaufzeit nur noch auf unbestimmte Zeit weiterlaufen und müssen jederzeit mit Monatsfrist zu kündigen sein. Auch die Kündigungsfrist zum Ende der Erstlaufzeit darf maximal einen Monat betragen. Den Mitgliedern des DSSV stehen entsprechend angepasste Musterverträge zur Verfügung. Ein weiteres wichtiges Datum ist der 1. Juli 2022: Ab diesem Tag muss das Studio auf der Homepage einen „Kündigungsbutton“ installieren, sofern es die Möglichkeit anbietet, Verträge auch online abzuschließen.

Vertragsanpassungsanspruch

Rechtlich bislang noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob dem Studio ein Vertragsanpassungsanspruch zusteht für die Zeit der pandemiebedingten Schließung: Im Laufe des letzten Jahres gab es zahlreiche Instanzurteile, in denen sich Gerichte mit der Frage beschäftigt haben, ob sich das Ende der Laufzeit auch ohne Zustimmung des Trainierenden um die Zeit der Schließung aufgrund des Lockdowns zeitlich nach hinten verschieben darf. Mit Spannung wird die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem entsprechenden Revisionsverfahren erwartet. Zur Vorgeschichte: Das Amtsgericht Papenburg lehnte den Vertragsanpassungsanspruch ab; dies bestätigte das Landgericht Osnabrück. Das entsprechende Fitnessstudio legte Revision ein, über die der BGH nun zu entscheiden hat.

Über Autorin

Gülizar Cihan, DSSV-Juristin

Zu allen rechtlichen Fragen rund um den Studioalltag bietet die Rechtsabteilung des DSSV im Rahmen einer bestehenden Mitgliedschaft die Möglichkeit, eine kostenlose rechtliche Erstberatung mit Einschätzung der Rechtslage zu erhalten, beispielsweise nach Erhalt einer Attestkündigung, zur Überprüfung von Vertragsklauseln oder zu arbeitsrechtlichen Themen.

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