Im Januar boomt es in Fitnessstudios, der Monat gehört zu den umsatzstärksten Monaten für Fitness- und Gesundheitsanlagen. Studiobetreibende akquirieren bis zu 60 Prozent ihrer Neukunden zu Jahresbeginn. Die guten Vorsätze zu Beginn des neuen Jahres sorgen für reichlich Neuanmeldungen. Laut einer Umfrage des DSSV e. V. verzeichneten Fitnessstudios im Schnitt vom 1. bis 31. Januar 2023 ein Mitgliederwachstum von knapp fünf Prozent (DSSV, 2023).
Viele Mitglieder sind im Januar hochmotiviert, nehmen sich vor, regelmäßig Sport zu treiben und gesünder zu leben. Doch spätestens zwei bis drei Monate nach dem Jahresbeginn lässt die Motivation wieder nach. Im Sommer, wenn vermehrt Outdooraktivitäten locken, sind die Fitnessstudios oft weniger besucht; im Herbst, wenn das Wetter schlechter wird, steigt das Interesse in der Regel wieder.
Studiobetreibende können diesen Schwankungen mit gezielten Marketingaktivitäten und saisonalen Angeboten entgegenwirken und sie bestenfalls sogar für sich nutzen, z. B. als Sommeraktion Personal Training zu Sonderkonditionen anbieten, wenn ihre Trainerinnen und Trainer ohnehin weniger ausgelastet sind. Wenn die Tage im Herbst grau und nass werden, bieten sich Yoga- oder Saunaevents als Marketingthemen an.
Kostenfaktor Marketing
Wer ganzjährig Geld verdienen will, muss erstmal investieren. Egal, ob eine eigene Abteilung oder eine Agentur mit der Konzeption und Umsetzung betraut wird, ob es um Flyer oder Werbebudgets für digitale Plattformen geht, Marketingmaßnahmen kosten Geld. Dank Digitalisierung, KI und der Nutzung von Apps lassen sich dabei heute Kosten sparen und Kampagnen konkret auf Kundenbedürfnisse zuschneiden.
„'Customer Centricity' satt Schubladendenken: passend zu individuellen Trainingsvorlieben und Zielen den richtigen Content-Mix zur Saison auf den passenden Kanälen liefern.“
Bastian Thum – pädagogischer Mitarbeiter, Tutor, Dozent, Referent DHfPG und BSA-Alademie
Unternehmen geizen beim Marketing nicht. Allein im Jahr 2024 sind die Ausgaben für das B2B-Marketing im Vergleich zum Vorjahr um 1,7 Prozent auf knapp 3,2 Millionen Euro gestiegen. Trotzdem bleibt der Anteil der Marketingausgaben am Gesamtumsatz weiterhin niedrig. 2024 investierten die für eine bvik-Studie befragten Unternehmen durchschnittlich knapp 1,3 Prozent ihres Umsatzes in Marketingaktivitäten (Bundesverband Industrie Kommunikation e. V., 2024). Während große Fitnessketten eigene Marketingabteilungen beschäftigen, erklären Einzelstudios das Marketing häufig zur Chefsache oder setzen dafür kleinere Teams ein.
Wie tickt der Markt?
„Der Grundgedanke des Marketings ist die konsequente Ausrichtung des gesamten Unternehmens an den Bedürfnissen des Marktes. Heutzutage ist es unumstritten, dass auf wettbewerbsintensiven Märkten die Bedürfnisse der Nachfrager im Zentrum der Unternehmensführung stehen müssen“ (Gabler, 2018).
In einem stark umkämpften Markt wie der Fitness- und Gesundheitsbranche gehört es zu den unternehmerischen Herausforderungen, Marktveränderungen und neue Bedürfnisse bestehender und potenzieller Mitglieder frühzeitig zu erkennen, um daraus Wettbewerbsvorteile gegenüber konkurrierenden Fitnessanbietern zu generieren.
Interviews zum Thema
Die Interviews mit Interviewpartner Markus Sigl, Nikolai Meurer und Felix Laufer lesen Sie, indem Sie auf eines der nachstehenden Bilder klicken.
Dabei gilt es, sowohl in der aufmerksamkeitsstarken Jahreszeit im Herbst und Winter als auch in den tendenziell ruhigeren Sommermonaten immer wieder mit besonderen Marketingaktivitäten aus der Masse herauszustechen und auf den USP seines Unternehmens aufmerksam zu machen.
Im Zentrum der Marketingmaßnahmen stehen natürlich in erster Linie die Kunden. In Zeiten des Fachkräftemangels, der globalen Verantwortung und Nachhaltigkeit wird die rein kundenorientierte Perspektive jedoch weiter gefasst.
Schließlich geht es darum, das Unternehmen auch für zukünftige Mitarbeitende sichtbar zu machen und ein positives Image in der Außendarstellung zu transportieren. Dabei sollten auch ethische Aspekte beachtet werden, um nicht in die Kritik der Öffentlichkeit zu geraten, beispielsweise in der Bildsprache.
„Diese weite Definition des Marketings stellt die Gestaltung sämtlicher Austauschprozesse des Unternehmens mit den bestehenden Bezugsgruppen in den Mittelpunkt der Betrachtung und betont die Rolle des Marketings als umfassendes Leitkonzept der Unternehmensführung“ (Gabler, 2018).
Strategischer Markenaufbau
Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig fundiert mit der eigenen Marke auseinanderzusetzen, die Konkurrenz und Trends zu analysieren und die USPs klar herauszuarbeiten. Wer sich von Anfang an klar positioniert, hat ein starkes Fundament, auf dem die eigene Marke fußt.
Häufig machen Unternehmer jedoch den Fehler, zunächst verstärkt auf Wachstum und eine Steigerung des Bekanntheitsgrads zu setzen, statt einen Teil ihrer Energie in die Markenentwicklung und -führung zu stecken.
Doch eine überzeugende Markenidentität ist die Basis eines Unternehmens. Sie trägt zur Neukundengewinnung, Mitarbeiter- und Mitgliederbindung gleichermaßen bei.
Verschiedene Fitnesstypen
Mitglieder sind nicht alle gleich. Das zeigt die „Typologie der Fitnesstreibenden 2024 – Wer trainiert in Fitness- und Gesundheitsanlagen in Deutschland?“ sehr deutlich. Die Studie der DHfPG hat sechs unterschiedliche Fitnesstypen auf dem deutschen Markt identifiziert und liefert wichtige Handlungsempfehlungen für die Praxis.
Sie zeigt, dass stereotype Vorstellungen längst überholt sind und sich Trainierende in einer Vielzahl von Aspekten unterscheiden. Deshalb sollten sich Fitnessanbieter zunächst die Frage stellen, welche Kundentypen sie mit dem Marketing ansprechen wollen. Ziel der Konsumentenforschung ist es, das Wie und Warum des Verhaltens ihrer Kunden zu begreifen, um Kampagnen effektiv zu gestalten.
„Wir wollen den Konsumenten, in unserem Fall also den (potenziellen) Fitnesstreibenden, greifbarer machen und sein Denken, Fühlen und Handeln verstehen und erklären.“ (Kobel, 2023).
Wer als Betreiber weiß, wie die verschiedenen Fitnesstypen ticken und mit welchen unterschiedlichen Ansprüchen und Zielsetzungen sie an ihr Training gehen, kann seine Zielgruppen im Marketing zu jeder Saison optimal adressieren und im Studio das entsprechende Leistungsportfolio bieten (Sörensen & Wolff, 2023).
Zielgruppengerechte Kampagnen
Nur wer seine Zielgruppe kennt, weiß, mit welchen Kanälen er sie erreicht. Marketingkanäle und -Tools unterliegen einer großen Dynamik, zudem hat sich das Selbstverständnis der Menschen verändert. Zielgruppen lassen sich längst nicht mehr nur nach Geschlecht und Alter differenzieren, der Lifestyle prägt heute das Verhalten, die Bedürfnisse und auch die Nutzung von Social-Media-Plattformen, auf denen ein Großteil des Marketings stattfindet.
Statt Schubladendenken geht es um „Customer Centricity“: Richten Sie Ihr Angebot an den individuellen Trainingsvorlieben/-zielen aus und wählen Sie den richtigen Content-Mix für die passenden Kanäle aus (Thum, 2023).
Der Content sollte hilfreich, inspirierend, motivierend und aktivierend sein. „Ein erfolgreicher Marketingmix verbindet die zugrundeliegende ‚Infrastruktur‘ aus Website, Landingpages, Newsletter und den damit verbundenen Prozessen mit zielgruppenspezifischen Traffic-Kanälen. So können die ‚richtigen‘ Menschen mit der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit erreicht und diese dann in Verbindung mit der oben angesprochenen Infrastruktur nahtlos in Kundinnen, Kunden und Mitglieder verwandelt werden.“ (Spitko, 2022).
Im Praxischeck
Wir haben drei Experten dazu befragt, mit welchen Marketingkampagnen und -strategien sie ganzjährig erfolgreich sind.
Markus Sigl, geschäftsführender Gesellschafter bei wellyou, Felix Laufer, Online-Marketing-Manager bei Borussia VfL 1900 Mönchengladbach, und Nikolai Meurer, Geschäftsführer der pure fitness Clubs und bei Donna’s Frauenfitness, berichten aus der Praxis.
Auszug aus der Literaturliste
Bundesverband Industrie Kommunikation e. V. (2024). Ergebnisse der bvik-Studie „B2B-Marketing-Budgets 2024“.
DSSV e. V. (2023). Erfolgreicher Start ins neue Jahr.
Gabler Wirtschaftslexikon. (2018). Marketing.
Kobel, S. (2023). Verstehen, warum Mitglieder im Studio trainieren. fitness MANAGEMENT international, 6 (170), 72–74.
Sörensen, A. & Wolff, J. (2023). Individualisierte Angebote für Training und Betreuung. MANAGEMENT international, 6 (170), 26–27.
Spitko, R. (2022). Die Studios sollten einen Mix aus informierendem, motivierendem und unterhaltendem Content anstreben. fitness MANAGEMENT international, 2 (160), 38.
Thum, B. (2024). Generationsübergreifend begeistern. fitness MANAGEMENT international, 1 (165), 84–87.
Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:
Dittmer, A., Sörensen, A. & Wolff, J. (2024). Ganzjährig erfolgreich. fitness MANAGEMENT international, 6 (176), 26–36.