Fachkräftemangel, Alterung von Belegschaften, veränderte Wertevorstellungen der Beschäftigten: Maßnahmen zur Förderung der Mitarbeitergesundheit und Attraktivitätssteigerung des Unternehmens gewinnen immer mehr an Bedeutung. Welche BGM-Maßnahmen versprechen Erfolg?
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War in der Vergangenheit noch der Krankenstand im Unternehmen die bedeutsame Kennzahl für Gesundheit, werden heute zunehmend weiche und nur bedingt messbare Faktoren wie Arbeitszufriedenheit, Verbundenheit mit dem Unternehmen, wertschätzende Führung und Unternehmenskultur wichtiger. Neben der körperlichen hat sich längst auch die psychische Gesundheit in der Arbeitswelt etabliert. Als Konsequenz der vielen und stetig zunehmenden gesundheitsrelevanten Themenbereiche reichen vereinzelte Gesundheitsförderungsmaßnahmen oder ein jährlicher Gesundheitstag im Unternehmen nicht mehr aus.

Während insbesondere Arbeitgeber mit dem Aufbau eines BGM für gesundheitsförderliche Rahmenbedingungen im Unternehmen sorgen können, stellt sich die Frage, wie auch Arbeitnehmer ihr Gesundheitsverhalten verbessern können. Dass diese Frage durchaus berechtigt ist, zeigt z. B. der Gesundheitsbericht 2015 des Robert Koch Instituts. Neben den Faktoren Alter und soziale Lage nehmen auch ungesunde Ernährung, mangelnde körperliche Aktivität sowie Alkohol- und Tabakkonsum Einfluss auf die Gesundheit. In der Konsequenz stellt man z. B. einen Anstieg des Diabetes mellitus fest. Zudem schätzt man, dass rund ein Drittel aller Erwachsenen in Deutschland von Bluthochdruck betroffen sind. Zwar sind zwei Drittel der Erwachsenen in Deutschland sportlich aktiv, jedoch erreicht nur jeder Fünfte das empfohlene Aktivitätsniveau von mindestens 2,5 Stunden pro Woche. Die Folgen werden zunehmend sichtbar: der Anteil Übergewichtiger ist auf einem hohen Level, der Anteil Adipöser steigt. Diese Erkenntnisse und Ergebnisse weiterer Studien machen deutlich, dass Bewegungsmangel und Fehlernährung wesentlich zum Entstehen von Gesundheitsbeeinträchtigungen bis hin zu Erkrankungen beitragen.

Individualisierte Programme als Lösungsansatz
Auch wenn Unternehmen aufgrund des Arbeitsschutzgesetzes nur zur Verhältnisprävention, d. h. zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit und Vermeidung von Gefährdungen verpflichtet sind, ist es lohnenswert, Mitarbeiter bei der Verbesserung ihres Gesundheitsverhaltens zu unterstützen. Allzu oft werden jedoch Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip mit unspezifischer Ausrichtung angeboten. Die in 2017 durchgeführte BGM-Studie #whatsnext des Instituts für Betriebliche Gesundheitsförderung, der Techniker Krankenkasse und der Haufe-Gruppe zeigt als einen Trend auf, dass BGM zielgruppenspezifischer wird. Die Entwicklungen der Arbeitswelt führen zwangsläufig zu völlig unterschiedlichen Arbeitsweisen der Beschäftigten. Hinzu kommt auch die Diversität der Arbeitnehmer in Bezug auf ihren Gesundheitszustand bzw. ihr Gesundheitsverhalten. Daher muss es neben dem allgemeinen Angebot in Gruppenform auch eine individuelle Ansprache von Risikopersonen geben, ebenso wie spezifische Trainingsangebote.

Maßnahmen müssen nachhaltig gestaltet sein
Die Erfahrungen aus dem klassischen Präventionskurs mit acht Einheiten à 60 min zeigen, dass das Erlernen neuer Verhaltensweisen in dieser kurzen Zeit kaum möglich ist. Neben den zielgruppenspezifischen Angeboten und der ggf. individuellen Ansprache von Beschäftigten sind mehrstufige Programme zu empfehlen. Der Einstieg sollte niederschwellig durch Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen im Betrieb erfolgen, mit anschließenden arbeitsplatz- und tätigkeitsbezogenen Interventionen sowie einem auf Nachhaltigkeit angelegten Trainingsangebot mit fachgerechter, persönlicher Betreuung außerhalb der Arbeitszeit. Insbesondere Fitness- und Gesundheitsanlagen sowie Physiotherapiezentren können hier punkten, da sie über entsprechende Trainingsmöglichkeiten und Umkleideräume verfügen. Zudem müssen auch Maßnahmen innerhalb des Unternehmens angeboten werden. Wo früher vielleicht ein Flyer oder Aushang für ein Firmenfitnessangebot ausreichte, ist heute ein gut konzipiertes BGM mit qualifiziertem Personal erforderlich, um ein zufriedenstellendes Ergebnis für alle Beteiligten zu erreichen.

Weitere Informationen zu den DSSV-Workshops, u.a. Termine und Anmeldung: www.bildungsinstitut.dssv.de/BGM

Informationen über die Deutsche Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement DHfPG und die BSA-Akademie: www.dhfpg-bsa.de

Oliver Walle
Oliver Walle ist u. a. BGM-Fachautor und Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement/BSA-Akademie. Zudem fungiert Oliver Walle als stv. Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BBGM). Er verfügt über umfassende Praxiserfahrung, insbesondere bei der Umsetzung spezifischer betrieblicher Präventionsprogramme.

Für eine Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de

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