Bewegung, Fitnesstraining und Sporttherapie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Die gesundheitsförderlichen, präventiven und therapeutischen Effekte regelmäßiger Bewegung sind wissenschaftlich gut belegt. Warum jede Bewegung zählt.
Lesezeit: 5 Minuten
Bewegung, Fitnesstraining und Sporttherapie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Bewegung, Fitnesstraining und Sporttherapie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Die gesundheitsförderlichen, präventiven und therapeutischen Effekte regelmäßiger Bewegung sind wissenschaftlich gut belegt. Wie können bewegungsbezogene Interventionen hinsichtlich der Zielsetzung und Ausgestaltung differenziert werden und welche Kompetenzen benötigen Bewegungsfachkräfte?

Es ist wissenschaftlich hinreichend belegt, dass über die gesamte Lebensspanne hinweg ein Mindestmaß an regelmäßiger Bewegung für den Erhalt und die Wiedererlangung der Gesundheit von zentraler Bedeutung ist (PAGAC, 2018; WHO, 2020). Körperliche Aktivität senkt das allgemeine und kardiovaskuläre Sterblichkeitsrisiko.

Ebenso kann den häufigsten chronischen Erkrankungen (Herz-Kreislauf-, Krebs-, Stoffwechsel-, Muskel-Skelett-, psychische Erkrankungen), die das Krankheitsgeschehen in Deutschland bestimmen und einen Großteil der Krankheitskosten verursachen, wirksam vorgebeugt werden.


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Gesundheitliche Risikofaktoren wie zum Beispiel Übergewicht, Bluthochdruck sowie Blutzucker- oder Fettstoffwechselstörungen lassen sich positiv beeinflussen.

Auch bei bestehenden chronischen Erkrankungen können durch regelmäßige Bewegung körperliche Beschwerden reduziert und das Fortschreiten einer Erkrankung kann verlangsamt oder gar verhindert werden. Dadurch kann die gesundheitsbezogene Lebensqualität verbessert und das Risiko, frühzeitig zu versterben, gesenkt werden (Pedersen & Saltin, 2015; PAGAC, 2018).

Präventive und therapeutische Wirkung von Bewegung

Dieser wissenschaftlichen Erkenntnislage zufolge gibt es keine Zweifel daran, dass regelmäßige körperliche Aktivität sowohl eine präventive als auch therapeutische Wirkung entfalten kann. Unter allen medizinischen Maßnahmen hat körperliche Aktivität das beste Verhältnis aus gesundheitlichem Nutzen und unerwünschten Nebenwirkungen bzw. Risiken. Auch die Kosten für Bewegungsinterventionen sind vergleichsweise gering (Fiuza-Luces, Garatachea, Berger & Lucia, 2013).


Prof. Dr. Arne Morsch ist Fachbereichsleiter Gesundheitswissenschaften und Gesundheitsförderung

Über die Autoren

Prof. Dr. Arne Morsch ist Fachbereichsleiter Gesundheitswissenschaften und Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG). Darüber hinaus leitet er den Fachbereich Gesundheitsförderung der BSA-Akademie.

Fabian Pelzer ist Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Gesundheitssport

Fabian Pelzer ist Sportwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Gesundheitssport. An der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und an der BSA-Akademie ist er als Dozent und Autor im Bereich der Trainingswissenschaft tätig.


Bewegung kann also auch Therapie sein! Gemäß dem medizinischen Nachschlagewerk Pschyrembel umfasst Therapie als die Behandlung von Krankheiten, Behinderungen und Verletzungen eine große Bandbreite an medizinischen Maßnahmen (z. B. medikamentöse und chirurgische Therapie, Physiotherapie, Psychotherapie, Bewegungstherapie), die Symptome lindern und heilen sowie die körperliche und psychische Funktion wiederherstellen sollen (Pschyrembel online, 2024).

Im ärztlich-medizinischen Bereich sind die Therapiemethoden und die dafür benötigten fachberuflichen Qualifikationen klar definiert. Im Tätigkeitsfeld Sport und Bewegung hingegen sind einerseits die entsprechenden Interventionen und andererseits die für die Berufsausübung erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen nicht immer eindeutig abgegrenzt.

Keinesfalls banal

Dies führt trotz der weitreichenden Belege für die Wirksamkeit von körperlicher Aktivität auf die Gesundheit in Teilen zu einer Banalisierung der Bewegungsförderung und dazu, dass sich viele andere Berufsgruppen aufgefordert fühlen, entsprechende Empfehlungen auszusprechen im Sinne von „Sie müssten sich mal wieder bewegen“.

Um den vielfältigen Gesundheitseffekten körperlicher Aktivität Rechnung zu tragen, ist eine Differenzierung bewegungsbezogener Interventionen nötig. Darauf aufbauend können anschließend die jeweils benötigten Kompetenzen der Bewegungsfachkräfte definiert werden.

Tab. 1: Differenzierung von bewegungsbezogenen Interventionen (modifiziert nach Huber, 2022)

Eine Möglichkeit nach Huber (2022) besteht in der Unterscheidung zwischen körperlicher Aktivität (Bewegungsförderung), körperlichem Training (Fitnesstraining) und Sport- und Bewegungstherapie, die nachfolgend dargestellt wird (vgl. Tab. 1).

Körperliche Aktivität – Bewegungsförderung

Körperliche Aktivität ist definiert als jegliche von der Skelettmuskulatur erzeugte Bewegung, die zu einer substanziellen Steigerung des Energieverbrauchs über den Ruheumsatz hinausführt. Eingeschlossen sind dabei auch Aktivitäten, die bei der Arbeit, bei der Hausarbeit, auf Reisen und bei der Freizeitgestaltung ausgeübt werden (Bull et al., 2020). Körperliche Aktivität soll als Teil der individuellen Lebensführung in den Lebensalltag integriert werden.

Der Fokus wissenschaftlicher Empfehlungen liegt vor allem auf dem Bewegungsumfang und der Art der Aktivität (BZgA, 2017). So sollen beispielsweise Erwachsene in einem Umfang von 150 bis 300 Minuten pro Woche moderat-intensive Ausdaueraktivitäten und zweimal pro Woche muskelkräftigende Aktivitäten ausführen (WHO, 2020). Genauere Vorgaben zur konkreten Umsetzung und Steuerung werden nicht gemacht. Das Motto lautet: Jede Bewegung zählt und ist relevant im Sinne der Gesundheit!

Wenn es jedoch darum geht, die volle gesundheitliche Wirkungsbreite körperlicher Aktivität zu erzielen, bedarf es einer an der wissenschaftlichen Evidenz orientierten Herangehensweise hinsichtlich Art, Umfang, Intensität, Dauer und Häufigkeit von Bewegungseinheiten.

Körperliches Training – Fitnesstraining

Körperliches Training kann definiert werden „als systematische Wiederholung gezielter überschwelliger Muskelanspannungen mit morphologischen und funktionellen Anpassungserscheinungen zum Zwecke der Leistungssteigerung“ (Hollmann & Hettinger, 2000, S. 124).

Aus gesundheitlicher Sicht geht es vor allem um die Verbesserung der muskuloskelettalen, kardiorespiratorischen und metabolischen Fitness. Um entsprechende Gesundheitsziele zu erreichen, sind daher Interventionen nötig, die konkret, geplant und zielgerichtet (morphologische, metabolische und funktionelle) Veränderungen herbeiführen.

Hierfür werden Bewegungsfachkräfte benötigt, die Trainingsinterventionen für ihre Klienten in Abhängigkeit von der Zielsetzung hinsichtlich Art, Umfang und Intensität der Bewegung planen und im Prozess begleiten können. Denn klar ist: Systematisches Training erfordert in aller Regel eine professionelle Supervision!

Sport- und Bewegungstherapie

Neben den gesundheitsförderlichen und präventiven Effekten von körperlicher Aktivität und Fitnesstraining besteht auch eine hohe Evidenz für die Wirksamkeit sporttherapeutischer Interventionen. Wird Sport und Bewegung mit dem Ziel eingesetzt, gestörte körperliche, psychische und soziale Funktionen zu kompensieren, zu regenerieren und dem Fortschreiten von Erkrankungen vorzubeugen, wird daraus ein medizinisch indiziertes Verfahren mit klaren Zielen – eine Sport- und Bewegungstherapie.

So bilden die ärztlich verordneten sport- und bewegungstherapeutischen Interventionen in der ambulanten und stationären medizinischen Rehabilitation indikationsübergreifend einen zentralen Eckpfeiler und machen ca. 60 bis 80 Prozent der Therapien aus. Sport- und bewegungstherapeutische Interventionen beruhen also auf einer medizinischen Diagnose und festgelegten Therapiezielen.

Hierfür werden entsprechend ausgebildete Sport- und Bewegungstherapeuten benötigt, die neben grundlegenden trainingswissenschaftlichen sowie gesundheitspsychologischen und -pädagogischen Kompetenzen auch über das medizinische Fachwissen hinsichtlich der Entstehung und der krankhaften Vorgänge einer Erkrankung wie auch der Therapiemöglichkeiten verfügen.

Dies impliziert indikationsspezifische Kompetenzen, die sie für die Behandlung von Menschen mit orthopädischen, internistischen und/oder neurologischen Erkrankungen durch bewegungstherapeutische Maßnahmen qualifizieren. Denn diese Zielgruppe erfordert immer eine qualifizierte sporttherapeutische Supervision.


Fazit

Damit die vollen präventiven und therapeutischen Potenziale körperlicher Aktivität zum Tragen kommen, braucht die Bewegungsförderung einen Prozess der Professionalisierung.

In diesem Prozess müssen insbesondere die Qualifikationen und Kompetenzen definiert werden, die für die qualifizierte Planung und Umsetzung unterschiedlicher bewegungsbezogener Interventionen erforderlich sind (z. B. Fitnesstraining, Sport- und Bewegungstherapie).

Nur so kann es gelingen, spezialisierte Bewegungsfachkräfte im Gesundheitssystem zu etablieren und ein höchstmögliches Maß an Versorgungsqualität sicherzustellen.


Auszug aus der Literaturliste

Huber, G. (2022). Bewegungstherapie 2.0. B&G Bewegungstherapie und Gesundheitssport, 38 (06), 247–253.

Physical Activity Guidelines Advisory Committee. (2018). 2018 Physical Activity Guidelines Advisory Committee Scientific Report. Washington D.C.: U.S. Department of Health and Human Services.

World Health Organization. (2020). WHO Guidelines on Physical Activity and Sedentary Behaviour. Geneva: World Health Organization

Pedersen, B. K. & Saltin, B. (2015). Exercise as medicine - evidence for prescribing exercise as therapy in 26 different chronic diseases. Scandinavian journal of medicine & science in sports, 25 (Suppl 3), 1–72.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Morsch, A. & Pelzer, F. (2024). Bewegung, Fitnesstraining und Sporttherapie. medical fitness and healthcare, 1, 76–79.

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