Aktuelle Zahlen: Belastet Homeoffice die Psyche?

Arbeiten im Homeoffice führt zwar zu mehr Arbeitszufriedenheit, aber auch zu höheren psychischen Belastungen. Das zeigt eine aktuelle Befragung der AOK.
Lesezeit: 3 Minuten
Fehlzeiten Report 2019 der AOK offenbart Homeoffice-Paradoxon.
Fehlzeiten Report 2019 der AOK offenbart Homeoffice-Paradoxon.
Arbeiten im sogenannten Homeoffice liegt im Trend. Eine aktuelle Befragung der AOK zeigt, dass es zwar zu mehr Arbeitszufriedenheit führt, aber auch zu stärkeren psychischen Belastungen – denn viele Menschen können im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr abschalten.

Rund 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten heute regelmäßig außerhalb ihres Unternehmens, knapp die Hälfte davon häufig von zu Hause. Eine aktuelle Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt Vor- und Nachteile dieses Arbeitsmodells.

Homeoffice: Stärkere psychische Belastung

Zu den großen Vorteilen im Homeoffice gehört, dass die Beschäftigten ihre Arbeit selbstständig planen können und mehr Entscheidungsfreiheit sowie Mitspracherechte haben. Gleichzeitig stehen sie jedoch auch unter einer stärkeren psychische Belastung als ihre Kollegen, die täglich ins Büro gehen.

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Typische Krankheitssymptome

„Erschöpfung, Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen. Wer viel im Homeoffice arbeitet, leidet häufiger unter solchen Problemen als andere Beschäftigte. Dennoch haben flexible Arbeitsbedingungen viele Vorteile.“ Helmut Schröder ist stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und Mitherausgeber des Fehlzeiten-Reports 2019 ('Digitalisierung - gesundes Arbeiten ermöglichen'). Er mahnt an, dass die Arbeitsbedingungen auch im Homeoffice gesundheitsförderlich gestaltet werden sollten.

Für die im aktuellen Fehlzeiten-Report erschienene Studie hat das WIdO im Frühjahr 2019 etwa 2.000 Beschäftigte zwischen 16 und 65 Jahren befragt.


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Selbstständigeres Arbeiten und höhere Zufriedenheit

Zunächst zu den Vorteilen: Viele Befragte mit Homeoffice loben ihre höhere Arbeitszufriedenheit, mehr Flexibilität und Autonomie. Mehr als zwei Drittel (67,3 Prozent) meinen, dass sie zu Hause mehr Arbeit bewältigten und drei Viertel (73,7 Prozent) schätzen, dass sie konzentrierter arbeiten können als am Arbeitsplatz.

Interessant: Fast jeder Zweite (45,8 Prozent) beschreibt seinen Arbeitsaufwand zuhause als genau richtig.

Fast dreiviertel der Heimarbeiter oft erschöpft

Doch es gibt auch Nachteile: Laut der Studie fühlten sich erschreckende 73,4 Prozent der häufig im Homeoffice Arbeitenden in den letzten vier Wochen erschöpft. Im Vergleich dazu waren es bei Beschäftigten im Büro nur 66 Prozent.

Über Wut und Verärgerung klagten 69,8 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice gegenüber 58,6 Prozent; bei Nervosität und Reizbarkeit waren es im Homeoffice 67,5 Prozent im Vergleich zu 52,7 Prozent. Signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen auch bei Lustlosigkeit, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen.


"Im Homeoffice verschwimmt die Grenze zwischen Job und Privatleben stärker. Damit wächst das Risiko, dass Erholungsphasen schrumpfen.“

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Helmut Schröder, stellvertretender WIdO-Geschäftsführer


Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit

Kritisch ist laut der Studie, dass jeder Dritte mit Homeoffice häufig die Arbeitszeit auf den Abend oder das Wochenende (33,9 Prozent) legt, wenn andere Arbeitnehmer, Freunde und Familie frei haben.

Fast ein Fünftel der betroffenen Befragten berichtet daher auch über Probleme mit der Vereinbarkeit von Arbeitszeit und Freizeit (18,8 Prozent) oder über Anrufe und E-Mails des Arbeitgebers außerhalb der Arbeitszeiten (19,5 Prozent).

Schwierig wird es so, nach Feierabend abzuschalten. Darüber klagt mehr als ein Drittel der Beschäftigten mit Homeoffice (38,3 Prozent). Im Vergleich dazu ist es bei Beschäftigten, die nur im Betrieb arbeiten, nur jeder Vierte (24,9 Prozent).

Arbeitszeiten im Homeoffice besser einteilbar

Trotz der höheren psychischen Belastung haben Beschäftigte im Homeoffice mit nur 7,7 Tagen pro Jahr deutlich weniger Fehlzeiten als ihre Kollegen im Unternehmen mit 11,9 Tagen. „Im Homeoffice lassen sich die Arbeitszeiten passgenauer einteilen. Unter Umständen arbeiten die Menschen im Krankheitsfall weniger und holen die verlorene Arbeitszeit dann nach,“ erläutert Helmut Schröder.

Zufrieden aber belastet: das Homeoffice-Paradoxon

„Es mag auf den ersten Eindruck wie ein Widerspruch klingen, dass sowohl die psychischen Belastungen als auch die Arbeitszufriedenheit im Homeoffice höher sind.

Aber ob sich durch die Veränderungen aufgrund der Digitalisierung gesundheitsförderliche oder gesundheitsschädigende Effekte ergeben, ist wesentlich von der konkreten Gestaltung der Arbeit abhängig und von den digitalen Kompetenzen der Menschen“, bringt Antje Ducki, Professorin an der Beuth Hochschule für Technik und Mitherausgeberin des Fehlzeiten-Reports, die Ergebnisse auf den Punkt. „Da die digitalen Techniken rund um die Uhr zur Verfügung stehen, braucht es beispielsweise mehr Selbstdisziplin des Einzelnen, sie auch mal auszuschalten.“

Lebenslanges Lernen durch Digitalisierung

Unternehmen und Führungskräfte sind also gefragt, zum einen ihre Mitarbeiter mit Weiterbildungen auf den aktuellsten Stand der Technik zu bringen, zum anderen aber auch durch Maßnahmen wie BGM die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu fördern.

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