Fitness, Management | Autor/in: Anke Sörensen |

Wer wagt, gewinnt – ein starker Neuanfang

Ein Familienunternehmen, eine Katastrophe und ein Neustart: Der Aktivpark Kall hat keine alltägliche Geschichte hinter sich. Aufgeben war keine Option, als das Fitnessstudio im Juli 2021 durch die Jahrhundertflut komplett zerstört wurde. Mit viel Mut zum Risiko übernahmen die Enkel des Gründers, Henning und Steffen Förster, die Geschäftsführung. Für das Neukonzept nutzten sie ihre Erfahrungen aus der Unternehmensberatung und ließen sich für das Design von der Hotellerie inspirieren. Heute lässt das ganzheitliche Angebot für Bewegung, Erholung und Ernährung keine Wünsche offen.

Studio des Monats: Aktivpark Kall

Großzügig, weitläufig und topmodern. Viel Licht, warme Holzböden und ein stimmiges Design – wer den Aktivpark Kall betritt, fühlt sich im ersten Moment eher wie in einem Country Club als wie in einer klassischen Trainingsstätte. Beim Wiederaufbau vor drei Jahren legten die Geschäftsführer Henning und Steffen Förster viel Wert auf die Atmosphäre und Ausstattung. Ihr Ziel: Die Customer Journey im Aktivpark Kall soll einem perfekten Tag am Wochenende gleichen.

„Wir verstehen den Aktivpark nicht als reines Fitness- und Gesundheitsstudio. Natürlich ist uns der Gesundheitsaspekt durch Bewegung extrem wichtig“, so Henning Förster. „Unsere Idee ist es aber, das ganzheitliche Wohlbefinden zu fördern. Dafür sorgt ein ansprechendes Ambiente, die familiäre Stimmung untereinander, die hohe Qualität der Betreuung und der Geräte sowie die Vermittlung eines gewissen Lifestyles. Unsere Mitglieder sollen richtig Lust haben, zu uns zu kommen, weil sie sich hier perfekt aufgehoben fühlen. Wir wollen ihnen eine Art Kurzurlaub bieten und ihre Lebensqualität verbessern.“

Stimmiges Gesamtbild

Diese Idee zieht sich konsequent durch die gesamte Anlage. Bei der Neukonzeption des Fitness- und Gesundheitsstudios stellten sich die beiden Geschäftsführer in jedem Teilbereich die Frage, wie sie ihren Besuchern positive Emotionen für einen entspannten Aufenthalt vermitteln können. Das Konzept fußt auf den drei Säulen Bewegung, Erholung und Ernährung – und einem hohen Eigenanspruch: „Entweder machen wir etwas richtig oder gar nicht. Die Qualität muss in jedem Bereich stimmen“, sagt Henning Förster.

Heute umfasst die Anlage 6.000 Quadratmeter und bietet neben dem breiten Fitnessangebot zwei Indoortennisplätze. Um die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zu befriedigen, wurde das Studio um eine Halle für Functional Training und zwei Outdoortrainingsbereiche ergänzt. Die Wellnesslandschaft auf 1.500 Quadratmetern erinnert mit Kräutersauna, finnischer Sauna, Sanarium und Mikrosalzraum sowie großzügigem Ruhebereich mit Schwebeliegen und schönem Außengarten an ein Spa und lockt auch viele Tagesgäste an.

Der eigenständige Gastrobereich JoSi’s wurde ebenfalls vollständig überarbeitet, Genuss und Wohlbefinden stehen auch hier im Fokus. Silvia Förster, Mutter der beiden Geschäftsführer, leitet das Restaurant. Auf der Karte: leichte Gerichte aus regionalen Zutaten wie Salate und Bowls oder auch eine Pinsa als gesunde Alternative zur Pizza. „Wir möchten, dass sich unsere Gäste im Aktivpark Kall wirklich eine Auszeit nehmen. Erst Sport treiben, danach in die Sauna gehen und sich zum Abschluss noch ein leckeres Essen im Restaurant gönnen“, so Steffen Förster.

Jüngere Gäste toben sich im aktivi jump & fun aus, der dem Aktivpark angegliedert ist. Im Juli 2023 wurde er als letzter Bereich eröffnet und bietet eine riesige Fläche zum Trampolinspringen, klettern und rutschen, außerdem einen Ninja-Parcours und eine interaktive Kletterwand. Viele Familien nehmen dafür eine Anreise von 60 Kilometern und mehr auf sich.

Familienunternehmen in dritter Generation

Inspiriert durch den Tennisboom und sein Faible für Bewegung eröffnete Karl Hannes 1980 in Kall eine Tennishalle. Im Lauf der Jahre wurde diese sukzessive um Kegelbahnen, Squash, Badminton, Wellness und Fitness erweitert, so wie es den Ansprüchen der Mitglieder damals entsprach. Später übernahmen seine Tochter Silvia und ihr Ehemann Jochen Förster die Geschäftsführung. Während sie für das Kinderland und die Gastronomie verantwortlich war, kümmerte er sich um den Fitness- und Tennisbereich. Beide entwickelten das Angebot mit vielen Ideen zur multifunktionalen Anlage weiter.

Ihre Söhne Henning und Steffen, heute Geschäftsführer, wurden in der Anlage groß, jobbten dort als Aushilfen und machten beide eine Ausbildung in der Fitnessbranche. Nach ihrem BWL-Studium gingen sie zunächst eigene Wege und arbeiteten in Strategie- und Unternehmensberatungen im In- und Ausland. Es stand früh im Raum, dass die Brüder später einmal die Nachfolge übernehmen würden. Vorerst diskutierten sie zwar mit den Eltern über Strategien, Trends und Investitionen, waren aber nicht im Tagesgeschäft involviert.

Plötzlich vor dem Aus

Alles änderte sich schlagartig, als die Jahrhundertflut vom 14. auf den 15. Juli 2021 auf Kall traf. Diese Naturkatastrophe tötete in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mehr als 180 Menschen und richtete Sachschäden in Milliardenhöhe an. Innerhalb eines Tages zerstörte sie auch den Aktivpark Kall vollständig. Im Erdgeschoss drangen auf 5.000 Quadratmetern Wassermassen in das Gebäude ein.

„Die Solidarität und die Hilfsbereitschaft nach der Flut waren gigantisch“, erzählt Henning Förster. Mithilfe von Freiwilligen wurde das Fitnessstudio tagelang aufgeräumt und gereinigt. Doch dann stellte ein Gutachter fest, dass das Wasser im Gebäude kontaminiert gewesen war. „Das hieß Totalschaden, baulich sowie wirtschaftlich. Alles musste raus. Eine Kernsanierung stand an.“

Der Familienrat tagte. „Wir haben sehr offen und ehrlich darüber diskutiert, ob wir weitermachen wollen oder nicht“, sagt Steffen Förster. „Allen Beteiligten war klar, dass der Wiederaufbau der Anlage mit einem riesigen Kraftakt verbunden sein würde.“ Der Familie stand ein hohes finanzielles Investment bevor, ohne zu wissen, in welcher Höhe die Versicherung den Schaden übernehmen würde. So hat die Flut dann auch die Nachfolgeregelung sehr beschleunigt.

„Plötzlich hieß es: jetzt oder nie“, sagt Henning Förster. „Es war klar: Wenn wir jetzt nicht übernehmen, wird der Aktivpark nicht wieder aufgebaut.“

Die Brüder beschlossen, das Familienunternehmen gemeinsam fit für die Zukunft zu machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen als Unternehmensberater wurde das gesamte Konzept auf den Prüfstand gestellt, das bestehende Angebot analysiert: Welche Trends werden sich halten, welche Themen besetzt und wie können die Ansprüche verschiedener Zielgruppen befriedigt werden?

Veraltete Bereiche wie die Kegelbahn oder Badmintonhalle wichen neuen Ideen. Henning Förster stieg direkt mit der Koordination des Wiederaufbaus ein, sein Bruder Steffen zunächst als strategischer Berater. Ihr Vater Jochen Förster hat sich inzwischen aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen, ist aber weiterhin strategisch involviert und regelmäßig im Studio anzutreffen.

Alles im Flow

Schon in den letzten 40 Jahren hat sich die Anlage permanent verändert. Der Vorteil des familiengeführten Einzelunternehmens war und ist es, dass hier schnell Entscheidungen getroffen werden können. Die Geschäftsführer wissen schon heute, dass sie in den nächsten Jahren immer wieder Neuerungen einführen werden, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben.

Das Feedback ihrer Mitglieder holen sie permanent über Umfragen ein und leben konsequent eine Open Door Policy. Um jederzeit präsent und ansprechbar zu sein, wurde das Büro der sportlichen Leitung direkt hinter den Welcomedesk gelegt.

„Der Mitarbeiter ist König“

Besonders wichtig ist den Geschäftsführern, dass ihre Mitarbeitenden sich wohlfühlen. In Zeiten des Fachkräftemangels muss man die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. „Es geht nicht nur um finanzielle Aspekte, sondern auch darum, früh Verantwortung zu übertragen, eine Feedbackkultur zu ermöglichen und sich regelmäßig offen in Meetings auszutauschen“, so Henning Förster.

„Unsere Eltern haben die Anlage lange mit viel Herzblut geleitet. Sie lebten eine klassische Unternehmerkultur. Ich erinnere mich an keinen Tag, an dem mein Vater nicht vor Ort war. Unsere Aufgabe verstehe ich jedoch so, dass mein Bruder und ich uns eigentlich überflüssig machen müssen, indem wir Prozesse schaffen, die von allein funktionieren, weil Mitarbeiter die Verantwortung tragen.“ In allen administrativen Bereichen werden die Mitarbeitenden dabei digital unterstützt.

Alle Mitglieder abholen

Diagnostik mit Körpermessung, Lauf- und Gangschule, Cardio, Kraft, Functional Training und Gruppenfitness mit über 40 Kursen pro Woche, von Yoga bis hin zu Cycling – im Aktivpark Kall wird alles daran gesetzt, dass jedes Mitglied ein passendes Trainingsangebot erhält. Darüber hinaus finden Rehasport- und Präventionskurse sowie Firmenfitness für die umliegenden Orte statt.

Die Mitglieder sind zwischen 15 und 90 Jahre alt. Kernzielgruppe sind Best Ager, denen mit EGYM Zirkel und five-Bereich sowie Rücken- und Beweglichkeitskursen die verschiedensten Möglichkeiten für gesundheitsorientiertes Training zur Verfügung stehen.

Interessant ist aber, dass die Gruppe der jungen Erwachsenen in Kall den zweitgrößten Mitgliederzuwachs verzeichnet. Für sie wurde die alte Badmintonhalle zum KRAFTWERK für Functional Training umgestaltet – mit dunkler Farbgebung, abgeklebten Fenstern, lauter Musik und coolem Ambiente, ausgestattet von SCOTFIT. Das Fitnessstudio wird so zu einem Spot für lifestyleorientiertes Training mit entsprechenden Kursangeboten – eine Freizeitalternative für junge Leute.

„Hier soll jeder einen Platz finden, um sich auszutoben. Wir glauben, dass man für die verschiedenen Bedürfnisse unserer Mitglieder gezielt unterschiedliche Angebote schaffen muss“, erklärt Steffen Förster. „Das bedeutet nicht, dass hier nie auch mal ein 20-Jähriger neben einem 65-Jährigen trainiert. Aber ich kann keinen Rehakurs neben dem KRAFTWERK laufen lassen, wenn ich dort abends die Musik voll aufdrehe.“

Gelungenes Comeback

„Dein Weg, dein Wohlbefinden“ lautet das Motto im Aktivpark Kall. Mit vielen Ideen und gutem Gespür für Design ist die Familie Förster ihren ganz eigenen Weg gegangen und hat nach einer Katastrophe erfolgreich den Neustart gewagt. Der stete Austausch zwischen den Generationen, die langjährigen Erfahrungen und frischen Ideen haben den Aktivpark zu einem Wohlfühlort gemacht, der trotz seiner Größe nicht unpersönlich ist.

Erst seit einem Jahr sind alle Bereiche inklusive Kinderland wieder geöffnet, die Entwicklung bisher sehr zufriedenstellend. In der Nordeifel schlummert noch so viel Potenzial, dass hier auch die Zukunft spannend bleibt.


Die Unternehmer hinter dem Aktivpark Kall

Der Aktivpark Kall ist ein Familienunternehmen in der dritten Generation. Während des Tennisbooms 1980 von Karl Hannes gegründet, leiteten seine Tochter Silvia und sein Schwiegersohn Jochen Förster die Anlage 30 Jahre lang, bis die Flutkatastrophe sie vom 14. auf den 15. Juli 2021 vollständig zerstörte. Im Krisenstab wurde der Wiederaufbau beschlossen, die Söhne Henning und Steffen Förster übernahmen die Geschäftsleitung.

Henning Förster machte vor seinem BWL-Bachelor- und Master-Studium eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann beim 1. FC Köln. Er sammelte Erfahrungen in der Strategieberatung sowie in Start-ups und verbrachte knapp zehn Jahre im Ausland (Wien, Sydney, Barcelona), bis er vor drei Jahren die Geschäftsführung im Aktivpark Kall und damit zunächst die Koordination des Wiederaufbaus übernahm.

Steffen Förster studierte dual Fitnessökonomie (B. A.) an der DHfPG im Aktivpark Kall und bei Holmes Place Berlin, anschließend Sportmanagement. Nachdem er einen MBA in BWL absolviert hatte, arbeitete er in der Unternehmensberatung. Zunächst strategisch beratend ist er seit 2024 operativ Vollzeit in der Geschäftsführung tätig.


Aktivpark Kall in Zahlen

Fläche des Studios gesamt: 6.000 m2
Fitness: 1.200 m2
Kraft: 550 m2
Beweglichkeit: 100 m2
Kurse: 300 m2
Outdoor: 300 m2
Wellness: 500 m2
Saunagarten: 1.000 m2
Tennis: 1.200 m2
aktivi: 2.000 m2
Restaurant: 300 m2

Ausstattung
Kraft: EGYM, SCOTFIT, Elbesport
Cardio: Matrix, h/p/cosmos
Beweglichkeit: five, Dr. Wolff
Gesundheit: EGYM, Dr. Wolff, five, TMX Faszientraining
Kurse: Keiser (Cycling), Les Mills
Diagnostik: seca, next level running, EGYM Hub
Wellness: Sauna und Sanarium von KLAFS, Lichttherapie, Wassermassage von sonnenPROJEKT

Mitarbeitende
95 gesamt
davon 45 im Fitnessbereich, Kursen, Verwaltung

Aktivpark Kall
Auelstraße 40, 53925 Kall

 


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