Fitness, Gesundheit | Autor/in: Prof. Dr. Daniel Kaptain |

Kooperative Gesundheitsangebote: Fitness- und Gesundheitsanalagen als BGM-Anbieter

Die Folgen des modernen Lebenswandels sind überall spür- und sichtbar. Bewegungsmangel, Dauerstress und Fehlernährung sind die größten Krankheitsverursacher – ein Problem für Gesellschaft und Wirtschaft. Bewegungsanbieter können hier eine Schlüsselrolle einnehmen.

Kooperative Gesundheitsangebote

Noch nie war der Zusammenhang zwischen dem Lebenswandel und der Gesundheit deutlicher als in den vergangenen Jahren; die Corona-Pandemie offenbarte das Dilemma vielleicht am deutlichsten.

Wie in diversen Studien herausgearbeitet wurde, gab es einen Zusammenhang zwischen dem Gesundheitsstatus und der Wahrscheinlichkeit eines „schweren Verlaufs“ (Hospitalisation/Intensivstation) einer Infektion (Gerlach, 2021; Lighter et al., 2020; Müssig, 2020; Poly et al., 2021; Zhou et al., 2021).

Folgen des inaktiven Lebenswandels

Die WHO hebt dies auch in ihrem im Oktober 2022 veröffentlichten globalen Bericht hervor; dieser zeigt die fatalen Folgen des inaktiven Lebenswandels (v. a. in den Industrienationen) auf.

Die Erkenntnis, dass Bewegungsmangel eine der Hauptursachen (ca. 70 %) aller Zivilisationskrankheiten ist und somit nicht nur die frühzeitigen Erkrankungen, sondern auch die vorzeitige Sterblichkeitswahrscheinlichkeit positiv bedingt, ist jedoch seit Jahrzehnten gegeben (Künstlinger, 2003). (Lesetipp: 'Mangel an Bewegung akut')

Aktuelle Berichte (NCD, 2018, 2022) zeigen auf, dass zwischen 2020 und 2030 weltweit 500 Millionen Menschen Herzkrankheiten, Fettleibigkeit, Diabetes mellitus Typ 2 oder andere nichtübertragbare Krankheiten (NCDs) entwickeln werden, die auf körperliche Inaktivität zurückzuführen sind.

Körperliche Aktivität als Lösungsansatz

Mindestens 150 Minuten wöchentlich sollten sich Erwachsene laut der WHO-Empfehlung körperlich betätigen. Damit ist nicht unbedingt intensives Training gemeint, auch schon Fahrradfahren oder schnelles Zufußgehen machen fitter und beugen Krankheiten vor (Rütten, 2016; WHO, 2010).


Über den Autor

Prof. Dr. Daniel Kaptain verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung als Trainer und Coach im In- und Ausland und ist spezialisiert auf die physische wie mentale Performance. Sein Schwerpunkt umfasst die Arbeit mit Spezial- und spezialisierten Einsatzkräften der Bundeswehr und Polizei, Profisportlern und Führungskräften. In den letzten 15 Jahren fokussiert er sich inhaltlich im Bereich Gesundheitsmanagement und Performance. Zudem ist er als Dozent mit den Schwerpunkten Athletik, Sportreha und Coaching für die DHfPG und die BSA-Akademie tätig.


Aber selbst dies setzen viele Menschen immer noch nicht um, denn die Corona-Pandemie und die dadurch bedingten Lockdowns haben den Trend der Bewegungsarmut in der Bevölkerung sogar noch beschleunigt.

Praxisbeispiel: Aufgabe und Chance für Qualitätsanbieter

Diese Entwicklungen spüren auch viele Arbeitgeber, denn nicht nur die Folgen des Fachkräftemangels und der Überalterung, sondern auch die stetig steigenden krankheitsbedingten Ausfallzeiten gefährden die Wirtschaftsleistung und Produktivität.

So zeigen Analysen der DAK (2022), dass der Krankenstand im Vergleich zum Vorjahr (2021) deutlich gestiegen ist (von 3,7 % auf 4,4 %).


Auch interessant: 'BGM immer wichtiger'


Viele Arbeitgeber sehen dieses Problem als Anlass zum Handeln und bieten BGM-/BGF-Maßnahmen als Lösungsansätze an (BGM = Betriebliches Gesundheitsmanagement, BGF = Betriebliche Gesundheitsförderung).

Ein Beispiel hierfür ist das 'Aktivitätsbonusprogramm' eines westdeutschen Wasserverbandes, das sich nun bereits über zehn Jahre dort etabliert hat. Hierbei wurden diverse Maßnahmen entwickelt und zur Verfügung gestellt, die für Arbeitnehmende Anreize schaffen, einen aktiven Lebenswandel umzusetzen.


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Im Folgenden soll dargestellt werden, welche Dienstleistungs- und Qualitätskriterien gefragt sind bzw. welche Anforderungen Arbeitgeber an Trainingsbetreiber (Fitness- und Gesundheitsanlagen) stellen.

1. Schritt: Festlegung der Vorgaben

Um ein effektives Training umzusetzen, zählen die Trainingsprinzipien „Dauerhaftigkeit und Kontinuität“ sowie „Belastung und Regeneration“ zu den Wesentlichen. Das Gleiche gilt für das Prinzip der „Individualität“. Daher sind folgende beispielhafte Anforderungen an den Kooperationspartner zu stellen:

  • Das Training muss durchschnittlich sechsmal monatlich erfolgen (Nachweispflicht durch Trainingsanbieter).
  • Das Training muss auf einem individualisierten Trainingsplan (Anamnese/Einweisung) basieren.
  • Trainingserfolge müssen durch regelmäßige Check-ups (durch qualifiziertes, geschultes Personal) überprüft und die Trainingsinhalte entsprechend der Zielvorgaben angepasst werden.

2. Schritt: Festlegung der Qualitätskriterien

  • Basierend auf den Qualitätskriterien (Mitarbeiterqualifikation, Betreuungskonzept, dauernde Anwesenheit von Fachpersonal auf der Trainingsfläche) werden bezogen auf das Einzugsgebiet des Unternehmens entsprechende Trainingseinrichtungen gesichtet (mittels Recherche und unmittelbarer Sichtung).
  • Erfüllen Trainingsanbieter die genannten Kriterien und belegen dies (Mitarbeiterqualifikationen, Darstellung des Betreuungskonzeptes und Trainingsportfolio), werden sie als Kooperationspartner firmenintern präsent
  • Ein Feedback/Eine Bewertung der trainierenden Mitarbeiter (bzgl. wahrgenommener Dienstleistung etc.) dient als fortlaufende Qualitätssicherung (etwaige mehrfach negative Rückmeldungen können zum Ausschluss des Anbieters führen).
  • Die vertraglichen Bedingungen obliegen völlig dem Mitarbeiter und dem Trainingsanbieter, Sonderrabatte oder Firmentarife wurden – v. a. aufgrund der Neutralität – nicht vereinbart.
  • Jeder Mitarbeitende des Unternehmens erhält (unabhängig von der Beitragshöhe) einen „Aktivitätsbonus“ von monatlich 25 Euro (wenn die o. g. Kriterien) durch Nachweis erfüllt werden.

3. Schritt: Beratung, Kommunikation, Evaluation und Abrechnung

  • Die gesamte Maßnahme muss bilateral evaluiert werden (Anzahl teilnehmender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Bewertung durch diese, Anzahl der Trainings, Gesamtkosten etc.), um einen Effekt (Return on Investment) zu belegen und auch den ökonomischen Nutzen aufzuzeigen.
  • Daher werden die Test- und Retestergebnisse der trainierenden Mitarbeiter in die Evaluation aufgenommen, um den Effekt zu belegen.

Schlüsselrolle der Fitness- und Gesundheitsanlagen

Diese Maßnahmen sollen verdeutlichen, was die Firmen von einem Qualitätsanbieter erwarten, um eine externe Bewegungsförderung in der entsprechenden Fitness- und Gesundheitseinrichtung anzuerkennen.

Fitness- und Gesundheitsanlagen können bei Erfüllung der erforderlichen Qualitätskriterien eine Schlüsselfunktion bei der Umsetzung von nachhaltigen Trainingsprogrammen, die durch fachkundiges Personal nach den Maßgaben des Fünf-Stufen-Modells der Trainingssteuerung umgesetzt werden, einnehmen (vgl. Abb. 1).

Wenn dies erfolgt, wird nicht nur der Grundstein zur Vermeidung eines Entstehens (und/oder Voranschreitens) von Zivilisationskrankheiten gelegt, sondern es werden auch notwendige Gesundheitsressourcen aufgebaut, die letztendlich auch dazu führen, dass die Belastbarkeit der Mitarbeitenden steigt bzw. arbeitsbedingte Überbeanspruchungen reduziert werden.

Wird der Effekt messbar gemacht (Evaluation), wird der Beweis für die Sinnhaftigkeit der Investition erbracht, gleichzeitig Qualitätsmanagement durchgeführt und der elementare Nutzen von Aktivität und Training unterstrichen.

Besteht ein solches Konzept, sollte ein proaktiver Weg zu den Firmen gewählt werden. Wenn man seine Dienstleistung evaluieren und den Nutzen klar herausstellen kann, wird man als Partner erkannt und als Problemlöser gesehen. (Lesetipp: 'BGM neu gedacht')


Fazit

Große Teile der Gesellschaft sind durch die Folgen des modernen Lebenswandels in einem gesundheitskritischen Zustand.Bewegungsmangel scheint hier eine der Hauptursachen zu sein. Im Umkehrschluss ist Bewegung die Kernkompetenz der Fitness- und Gesundheitsbranche.

Daher liegt nichts näher als eine Umsetzung von Bewegungskonzepten für Berufstätige bei professionellen Bewegungsanbietern.

Professionelle Trainingsbetreuung durch ausgebildete Fachkräfte, ein etabliertes und effektives Trainingsprogramm, eine nachhaltige und lückenlose Betreuungskonzeption und der Nachweis der Effekte mittels Evaluation können es ermöglichen, Fitness- und Gesundheitseinrichtungen als vollwertigen Partner und Problemlöser im Bereich BGM/BGF anzuerkennen und die Nachfrage von Unternehmen zur Umsetzung unterschiedlicher Maßnahmen zu steigern.


Auszug aus der Literaturliste

Lighter, J., Phillips, M., Hochman, S., Sterling, S., Johnson, D., Francois, F. et al. (2020). Obesity in Patients Younger Than 60 Years Is a Risk Factor for COVID-19 Hospital Admission. Clinical infectious diseases, 71 (15), 896-897.

NCD Countdown 2030 collaborators. (2022). NCD Countdown 2030: efficient pathways and strategic investments to accelerate progress towards the Sustainable Development Goal target 3.4 in low-income and middle-income countries. The Lancet, 399 (10331), 1266-1278.

Poly, T. N., Islam, M. M., Yang, H. C., Lin, M. C., Jian, W. S., Hsu, M. H. et al. (2021). Obesity and Mortality Among Patients Diagnosed With COVID-19: A Systematic Review and Meta-Analysis. Frontiers in medicine, 8, 620044.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Kaptain, D. (2023). Kooperative Gesundheitsangebote. fitness MANAGEMENT international, 5 (169), 102-104.

 

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