Fitness, Gesundheit | Autor/in: Prof. Dr. Christoph Eifler |

Verbesserung der Lebensqualität durch Krafttraining im höheren Lebensalter

Zunehmend mehr Menschen sind von einem altersbedingten Rückgang der Skelettmuskulatur betroffen. Der Verlust an Muskelkraft kann gerade für Menschen im hohen Alter starke Einschränkungen bedeuten, wenn alltägliche Dinge wie das Treppensteigen, Stehen oder Gehen fast unmöglich werden. Ein individuell angepasstes Krafttraining in Fitness- und Gesundheitsanlagen kann diesen degenerativen Prozessen entgegenwirken – womit die Anlagen sozusagen die Tür zu mehr Lebensqualität bis ins hohe Alter öffnen.

Prof. Dr. Christoph Eifler über individuell angepasstes und professionell betreutes Krafttraining im Studio für mehr Lebensqualität bis ins hohe Alter.

Die demografische Alterung ist in Deutschland bereits weit vorangeschritten. Jede zweite Person ist heute bereits älter als 45 und jede fünfte älter als 66 Jahre (Statistisches Bundesamt, 2019). (Lesen Sie auch: 'Fit altern – So geht's')

Kraftleistungsfähigkeit erhalten

Faktoren, wie der Erhalt der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit sowie der Erhalt der Selbstständigkeit und Selbstversorgung älterer Menschen im Alltag, werden daher in den nächsten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewinnen. Eine maßgebliche Einflussgröße zum Erhalt dieser Faktoren ist die Aufrechterhaltung einer hohen individuellen Kraftleistungsfähigkeit.


FOLGEN Sie uns bei LinkedInFacebookInstagram & Twitter
und verpassen Sie keine Fitness-NEWS mehr!


Die Anpassungsprozesse an ein Krafttraining sind weitgehend altersunabhängig. Auch im hohen Alter reagiert der Körper auf überschwellige Trainingsreize. Somit können auch bei älteren Menschen u. a.

  • eine Verbesserung der Kraftfähigkeit,
  • Muskelhypertrophie,
  • Knochenfestigkeitserhöhung,
  • gesteigerter Gelenkschutz und
  • insbesondere eine verbesserte Alltagsmotorik sowie
  • eine Sturzprophylaxe

erwartet werden (Gomez-Cabello, Ara, Gonzales-Agüero, Casajus & Vicente-Rodriguez, 2012; Lichtenberg, von Stengel, Sieber & Kemmler, 2019; Liu & Latham, 2009; Papa, Dong & Hassan, 2017; Seo et al., 2021).

Diese mannigfaltigen Anpassungsprozesse steigern im höheren Alter deutlich die Lebensqualität (Kekäläinen, Kokko, Sipilä & Walker, 2018). Die Ausführung eines regelmäßigen Krafttrainings kann in Fitness- und Gesundheitsanlagen erfolgen, in denen das qualifizierte Fachpersonal individuell auf die Trainierenden eingehen kann. (Auch lesenswert: 'So geht Generationenmix!')

Bedeutung des Krafttrainings im höheren Lebensalter

Der altersbedingte Kraftverlust hat im höheren Lebensalter deutliche Auswirkungen auf die Körperhaltung, die Fortbewegung und auf die Fähigkeit, Aktivitäten des alltäglichen Lebens zufriedenstellend erledigen zu können.

Elementare Tätigkeiten des Alltags, wie z. B. das Aufstehen von Stühlen, das Überwinden von Stufen, das Tragen von Lasten oder einfach nur Stehen und Gehen, sind an ein Mindestmaß an Körperkraft gebunden und für den Erhalt einer selbstständigen Lebensführung essenziell.

Viele ältere Menschen in den modernen Industriestaaten laufen Gefahr, Schwellenbereiche der Kraft, die für Tätigkeiten des täglichen Lebens notwendig sind, zu unterschreiten und sind in vielen Bereichen bereits auf fremde Hilfe angewiesen.

Ursache des altersbedingten Kraftverlusts

Primäre Ursache für diesen multifaktoriell bedingten deutlichen Verlust an Muskelkraft mit fortschreitendem Lebensalter ist der altersbedingte Rückgang der Skelettmuskelmasse (= Sarkopenie). (Lesen Sie weiter: 'Volkskrankheit Sarkopenie')


Schon gewusst? 'Was steckt hinter der unterschätzten Krankheit Sarkopenie?'


Auslöser der Sarkopenie sind zum Teil altersphysiologische Vorgänge, aber auch Lebensstilfaktoren, wie z. B. reduzierte Alltagsbelastungen bzw. die im Altersverlauf zunehmende Bewegungsarmut. Als Ursachen für die Sarkopenie werden in der Literatur folgende Mechanismen genannt (Roth, Ferrel & Hurley, 2000; Roubenoff, 2001; Waters, Baumgartner & Garry, 2000):

  • Verlust von Muskelfasern, ausgelöst durch den Verlust von motorischen Einheiten,
  • Rückgang der Proteinsynthese,
  • Rückgang der Produktion von Testosteron und IGF-1,
  • Bewegungsarmut

Trainierbarkeit älterer Personen

Die Trainierbarkeit älterer Menschen wird heute anerkannt. Ein individuell angepasstes Kraftprogramm, wie es in Fitness- und Gesundheitsanlagen möglich ist, kann den altersbedingten degenerativen Prozessen entgegenwirken, indem durch entsprechende Trainingsreize der Verlust an Muskelmasse gestoppt bzw. sogar neue Muskelmasse aufgebaut und die Kraft dementsprechend gesteigert wird (Bautmans et al., 2005; Bruunsgard, Bjerregaard, Schroll & Pedersen, 2004; Kosek, Kim, Petrella, Cross & Bamman, 2006; Porter, 2001).

In diesem Kontext zeigen Studien, dass die Lebenserwartung älteren Menschen eng mit der Körperkraft korreliert (Gale, Martyn, Cooper & Sayer, 2007; Metter, Talbot, Schrager & Conwit, 2002; Newman et al., 2006; Rantanen et al., 2000; Sasaki, Kasagi, Yamada & Fujita, 2007).

Weitere Vorteile für ältere Sportler:innen

Neben funktionellen und morphologischen Anpassungen kann ein Krafttraining im hohen Lebensalter über die erzielte verbesserte Hirndurchblutung auch die kognitiven Funktionen der älteren Sportler:innen verbessern (Cassilhas et al., 2007).

Tabelle 1 (siehe weiter oben) verdeutlicht die aktuellen evidenzbasierten Empfehlungen der National Strength and Conditioning Association sowie des American College of Sports Medicine zur Belastungsgestaltung und -dosierung des Krafttrainings mit gesunden älteren Menschen.

Liegen individuelle Einschränkungen oder Erkrankungen vor, so empfiehlt die National Strength and Conditioning Association die aufgeführten Modifikationen an den individuellen Krafttrainingsprogrammen (siehe Tabelle 2).


Fazit

Zusammenfassend lässt sich ableiten, dass ein individuell angepasstes, in Fitness- und Gesundheitsanlagen mit qualifiziertem Personal durchgeführtes Krafttraining eine evidenzbasierte effektive Möglichkeit zur Lebensverlängerung und zur Verbesserung der Lebensqualität im Alter darstellt.

Einen zusammenfassenden Überblick zur Evidenz der Effekte eines individualisierten Krafttrainings bei älteren Menschen liefert ein Positionspapier der National Strength and Conditioning Association (Fragala et al., 2019):

Ein individuell angepasstes Krafttrainingsprogramm

  • wirkt der altersbedingten Sarkopenie entgegen,
  • fördert die Muskelkraft und die neuromuskuläre Kontrolle,
  • fördert die Mobilität sowie die körperliche Leistungsfähigkeit bei Alltagsbelastungen und erhält somit die selbstständige Lebensführung älterer Menschen,
  • beugt Verletzungen vor und stellt eine wichtige Maßnahme zur Sturzprophylaxe dar,
  • fördert das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität.

Fragala et al. (2019) betonen im Positionspapier der National Strength and Conditioning Association, dass ein adäquat geplantes Krafttrainingsprogramm mit einer angemessenen Unterweisung in die Bewegungsabläufe der Übungen und entsprechender Supervision bzw. Betreuung durch qualifizierte Trainer:innen auch bei älteren Menschen eine sichere Intervention darstellt.


Über den Autor

Prof. Dr. Christoph Eifler leitet den Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie den Fachbereich Fitness der BSA-Akademie. An der DHfPG erfüllt er zudem das Amt des Prorektors für Forschung.


Auszug aus der Literaturliste

Fragala, M. S., Cadore, E. L., Dorgo, S., Izquierdo, M., Kraemer, W. J., Peterson, M. D. et al. (2019). Resistance training for older adults: position statement from the National Strength and Conditioning Association. Journal of Strength and Conditioning Research, 33 (8), 2019–2052.
Lichtenberg, T., von Stengel, S., Sieber, C. & Kemmler, W. (2019). The favorable effects of high-intensity resistance training on sracopenia in older community-dwelling men with osteosarcopenia: the randomized controlled FrOST study. Clinical Interventions in Aging, 14, 2173–2186.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 04/2022 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

Zum Abonnement
fMi 04/2022