Fitness, Gesundheit | Autor/in: Tobias Mischo |

Alterserscheinungen aktiv vorbeugen

Training hat einen positiven präventiven Einfluss auf eine Vielzahl von Erkrankungen und Beschwerdebildern (Pedersen & Saltin, 2015); zudem kann durch differenzierte Trainingsbelastungen altersbedingtem Muskelabbau (Sarkopenie) entgegengewirkt werden. Welche Belastungsformen und Trainingsmethoden hier ratsam sind, wird im folgenden Artikel näher erläutert.

Fitnesstraining als Vorsorge vor Alterserscheinungen

Aufgrund der immer besser werdenden medizinischen Versorgung sowie der demografischen Entwicklung entsteht in Deutschland eine immer älter werdende Bevölkerungsstruktur (Kühn, 2017). Es zeigt sich jedoch auch, dass sogenannte Zivilisationskrankheiten wie bspw. Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2 immer weiter zunehmen.

Bewegungsarmut ist einer der Hauptgründe für diese Tendenz. Zudem sind insbesondere bei Personen fortgeschrittenen Alters neben den bereits genannten internistischen Erkrankungen auch orthopädische Problematiken sowie andere Alterserscheinungen (z. B. Sarkopenie) festzustellen.


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Um diesen Erkrankungen und Alterserscheinungen vorzubeugen bzw. ihr Fortschreiten zu verlangsamen, empfiehlt sich ein regelmäßiges, adäquates und individualisiertes sportliches Training.

Leistungserhalt durch sportliches Training

Training ermöglicht nicht nur Leistungsverbesserungen bzw. den Leistungserhalt bis ins hohe Alter, sondern kann zudem unzähligen Leiden und Krankheiten entgegenwirken und sogar Leben verlängern (Pilat, 2018, S. 5). Hierzu ist es wichtig, bei von Bewegungsmangel betroffenen Menschen Verhaltensänderungen herbeizuführen.

Eine gesteigerte körperliche Alltagsaktivität sowie regelmäßige sportliche Betätigungen in der Woche sind hierbei essenziell. Um Risiken und Nebenwirkungen zu vermeiden, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die Wahl der Sportart, der Belastungsform und des Belastungsgefüges individualisiert erfolgt.


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Zur Vorbeugung von Alterserscheinungen sowie im Rahmen der Primärprävention ist besonders das Training von Ausdauer, Kraft und Koordination von Bedeutung. Optimalerweise sollte damit bereits in jungen Jahren begonnen werden und das Training dauerhaft erfolgen, um Risikofaktoren zu reduzieren sowie Schutzfaktoren aufzubauen.

Ausdauerorientierte Trainingsformen

Ausdauertraining kann als bedeutendes Element zur Prävention und Therapie vieler Erkrankungen angesehen werden. Zu diesem Zweck sollte es als dynamisches Training unter dem Einsatz großer Muskelgruppen mit mindestens einem Sechstel der Gesamtmuskelmasse erfolgen (Pedersen & Saltin, 2015).

Die Empfehlungen für Ausdauertraining im gesundheitssportlichen Kontext beschränkten sich bis vor wenigen Jahren auf umfangsorientierte, moderat-intensive Trainingsformen.

Zunehmend in den Fokus geraten mittlerweile jedoch auch (hoch-)intensive Intervallmethoden, da diese bei gleichzeitig geringerem Zeitaufwand vergleichbare, wenn nicht sogar größere Steigerungen der aeroben Leistungsfähigkeit hervorrufen konnten (Chin et al., 2020; Gripp et al., 2021; Su et al., 2019). Welche Belastungsform gewählt wird, hängt jedoch in großem Maße von der körperlichen Konstitution der Trainierenden ab und muss individuell angepasst werden.

Die positiven Effekte, die durch Ausdauertraining erzielt werden können, sind mannigfaltig. So kommt es unter anderem zu einer Ökonomisierung der Herzarbeit und einer gesteigerten Endothelfunktion, einer Verbesserung der Insulinsensitivität sowie einer optimierten Ausdauerleistungsfähigkeit aufgrund von Anpassungen in der Muskulatur (Daugaard & Richter, 2001; Moyna & Thompson, 2004; Prabhakaran, Dowling, Branch, Swain & Leutholtz, 1999).


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Zudem bewirkt ein regelmäßiges Ausdauertraining eine Stärkung des Immunsystems (Abd El-Kader & Al-Shreef, 2018).

Die Trainingssteuerung kann anhand subjektiver Kriterien erfolgen. Eine Möglichkeit hierzu stellt die BORG-RPE-Skala (vgl. Abb. 1) dar. Belastungen mit moderater Intensität werden hier als „etwas anstrengend“ (12–13) eingestuft, intensive Belastungen hingegen als „anstrengend bis sehr anstrengend“ (14–17) (Garber et al., 2011).

Für das Ausdauertraining sind klassische Ausdauersportarten wie Laufen, Walking, Radfahren oder Schwimmen aufgrund ihrer guten Belastungsdosierung empfehlenswert (Pilat, 2018).

Personen ab 65 Jahren empfiehlt die WHO im Rahmen des Ausdauertrainings eine wöchentliche Belastung von mindestens 150 bis 300 Minuten bei moderater Intensität oder alternativ 75 bis 150 Minuten intensive körperliche Aktivität (World Health Organisation [WHO], 2020, S. 43).

Kraftorientierte Trainingsformen

Ein Krafttraining steht besonders bei orthopädischen Beschwerden bzw. Erkrankungen im Vordergrund, da es die vorliegenden Einschränkungen positiv beeinflussen kann. Regelmäßiges Krafttraining ist jedoch für Personen jeglichen Alters überaus wichtig – auch bei gesunden Menschen können hierdurch viele positive Effekte erzielt werden.

Hierzu zählen unter anderem die Verbesserung von Alltagsfunktionen, der Gelenkstabilität, des Glukosestoffwechsels und der Blutfettwerte (Braith & Stewart, 2006) sowie der Knochendichte (Xu, Lombardi, Jiao & Banfi, 2016).

Zur Durchführung empfiehlt das American College of Sports Medicine zweimal pro Woche ein dynamisches Krafttraining mit einem Umfang von acht bis zehn Übungen und jeweils einem bis drei Sätzen à acht bis zehn Wiederholungen pro Übung. Wie beim Ausdauertraining sollte auch hier der Einsatz großer Muskelgruppen forciert werden.


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Die Intensität sollte dabei zwischen „etwas anstrengend“ (12–13) und „anstrengend bis sehr anstrengend“ (14–17) gewählt werden, was ungefähr 50 bis 80 Prozent des Einwiederholungsmaximums entspricht (Garber et al., 2011).

Zudem ist auf eine kontrollierte Bewegungsausführung sowie die Einhaltung von Pausenzeiten und ein ausreichendes Aufwärmen zu achten. Die WHO empfiehlt für Personen über 65 Jahren mindestens zwei Krafttrainingseinheiten pro Woche mit moderater oder höherer Intensität (WHO, 2020, S. 43).

Koordinatives Training

Die motorische Fähigkeit Koordination bezieht sich auf die Vorgänge der Informationsverarbeitung. Sie dient somit der Ausführung einer Vielzahl verschiedener Fertigkeiten (Hottenrott & Seidel, 2017, S. 241), unter anderem der Gleichgewichtsfähigkeit.

Diese stellt die Grundvoraussetzung für die Umsetzung alltäglicher Bewegungen dar und hat eine hohe Bedeutung bei der Ökonomisierung von Bewegungsabläufen sowie der
Reduktion des Sturzrisikos im Alter.


 

Über den Autor

Tobias Mischo, M. A. Prävention und Gesundheitsmanagement, ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent im Fachbereich Trainings- und Bewegungswissenschaft an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG)  sowie der BSA-Akademie tätig.

Durch seine langjährige Berufserfahrung im Bereich der Sport- und Bewegungstherapie verfügt er über umfassende Praxiserfahrung in diesem Bereich.


Ein Training koordinativer Fähigkeiten kann je nach Leistungsstand bereits bei der Übung einfacher Fertigkeiten (zum Beispiel einem Einbeinstand) erfolgen.

Wird hier kein trainingswirksamer Reiz mehr erzielt bzw. die entsprechende Bewegungsausführung nicht mehr als schwierig empfunden, so können erschwerte Bedingungen geschaffen werden, um die Anforderungen zu erhöhen, zum Beispiel über ein Training mit geschlossenen Augen oder Zusatzaufgaben, wie das Fangen eines Balls. (Auch lesenswert: 'Koordinationstraining im Fokus')

Ein Koordinationstraining kann sowohl an ein Kraft- und Ausdauertraining angeschlossen als auch in Aktivitäten des alltäglichen Lebens integriert werden (auf Linien balancieren, Zähneputzen im Einbeinstand etc).

Empfehlungen zur Trainingsplanung

Damit das Verletzungsrisiko gering gehalten und Überlastungen der Trainierenden vermieden werden, sollte vor dem Trainingsbeginn eine umfassende Anamnese erfolgen. Es empfiehlt sich zudem, insbesondere ältere und sportlich unerfahrene Personen vorab um eine Abklärung mit ihrem Arzt zu bitten.

Um das Training dauerhaft effektiv zu gestalten, ist eine regelmäßige Anpassung der verschiedenen Belastungsparameter notwendig. Sollte die Umsetzung der hier dargestellten Belastungsvorgaben für den Trainierenden nicht möglich sein, erfolgt eine Anpassung der Trainingsbelastung auf ein für ihn adäquates Niveau.


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Eine exemplarische ca. 90-minütige Trainingseinheit könnte mit einem zehnminütigen Aufwärmprogramm auf dem Laufband, Crosstrainer oder Fahrradergometer bei relativ leichter bis etwas anstrengender Intensität (BORG-RPE-Skala 11–13) beginnen.

Im Anschluss erfolgt ein Koordinationstraining von ca. zehn Minuten. Der Hauptteil beinhaltet ein 40- bis 45-minütiges Krafttraining. Die hier ausgewählten Übungen sollten mit moderater bis höherer Intensität (BORG-RPE-Skala 13–15) bei dreimal acht bis zehn Wiederholungen durchgeführt werden und alle großen Muskelgruppen des Körpers abdecken.

Bei Bedarf kann auch hier die Integration koordinativer Elemente erfolgen, z. B. ein einbeiniges Training an der Beinpresse oder die Durchführung des Trainings mit freien Gewichten. Abschließend erfolgt ein Ausdauertraining bei moderater bis intensiver Belastung über einen Zeitraum von ca. 30 Minuten, wahlweise auf dem Laufband, dem Crosstrainer oder dem Fahrradergometer (BORG-RPE-Skala 12–14).


Fazit

Adäquates Fitnesstraining stellt ein probates Mittel dar, um Alterserscheinungen wie abnehmender Gelenkstabilität, Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2 oder einer erhöhten Sturzwahrscheinlichkeit im Alter vorzubeugen.

Wichtig ist hier ein individualisiertes Training auf ganzheitlicher Ebene mit Integration der motorischen Fähigkeiten Kraft, Ausdauer und Koordination. Die praktische Durchführung muss durch qualifiziertes Personal individuell an die trainierenden Personen angepasst und im Trainingsverlauf moduliert werden, um dauerhaft einen trainingswirksamen Reiz zu generieren und eine bestmögliche präventive Altersvorsorge durch sportliche Betätigung zu ermöglichen.


Auszug aus der Literaturliste

Garber, C. E., Blissmer, B., Deschenes, M. R., Franklin, B. A., LaMonte, M. J., Lee, I.-M. et al. (2011). American College of Sports Medicine position stand. Quantity and quality of exercise for developing and maintaining cardiorespiratory, musculoskeletal, and neuromotor fitness in apparently healthy adults: guidance for prescribing exercise. Medicine and science in sports and exercise, 43 (7), 1334–1359.

Pilat, C. (2018). Trainingsformen/Komponenten der Bewegungs- und Sporttherapie. In F. C. Mooren & C. D. Reimers (Hrsg.), Praxisbuch Sport in der Prävention und Therapie (1. Auflage). München: Elsevier.

Su, L., Fu, J., Sun, S., Zhao, G., Cheng, W., Dou, C. et al. (2019). Effects of HIIT and MICT on cardiovascular risk factors in adults with overweight and/or obesity: A meta-analysis. PloS one, 14 (1), e0210644.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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