Fitness, Gesundheit, Management | Autor/in: Prof. Dr. Sabine Kind |

Trainingsmotiv Gesundheit: Bewegungsförderung in allen Lebensphasen

Bewegungsmangel ist ein zentraler Risikofaktor bei der Entstehung von Zivilisationskrankheiten. Umgekehrt gilt Bewegung als eine der wirksamsten Maßnahmen zur Prävention und Behandlung dieser Erkrankungen und ist essenziell, um Gesundheit lebensbegleitend zu fördern. Konzepte zur Bewegungsförderung über alle Lebensphasen hinweg sind daher dringend erforderlich.

Trainingsmotiv Gesundheit: Bewegungsförderung in allen Lebensphasen

Gesundheit wird nach Definition der WHO als ein „Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur [als] das Freisein von Krankheit und Gebrechen“ (Franke, 2012, S. 40) beschrieben. Sie ist demnach ein positives Konstrukt und nicht einfach die Abwesenheit von Krankheit. Die drei Dimensionen Physis, Psyche und Soziales sind dabei nicht nur einzeln zu betrachten und zu fördern, sondern beeinflussen sich gegenseitig. (Jetzt lesen: 'Trainingsmotive im Fokus')

Bewegung als Säule der Gesundheitsförderung & Prävention

Der hohe gesundheitliche und somit präventive Wert regelmäßiger körperlicher Betätigung gilt aus wissenschaftlicher Sicht als gesichert und ist nach Aussagen vieler Sportmedizinerinnen und -mediziner die effektivste und nebenwirkungsfreiste Maßnahme zur Vorbeugung von gesundheitlichen Risikofaktoren oder Erkrankungen, die durch Bewegungsmangel entstehen können.

Umgekehrt sind die Auswirkungen, die mit Mangel an körperlicher Betätigung einhergehen, gravierend. Neben einer erhöhten Morbidität und Mortalität kommt es auch zu erheblichen ökonomischen Auswirkungen, z. B. erhöhte Behandlungskosten oder Produktivitätsverluste im beruflichen Umfeld (Ding et al., 2016).


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Über alle Lebensphasen hinweg gibt es für körperliche Aktivität – vergleichbar mit einem Medikament – eine Indikation, Dosierungsempfehlungen und eine Dosis-Wirkung-Beziehung (Löllgen, 2013).

Die WHO-Empfehlungen orientieren sich an diesen unterschiedlichen Lebensphasen und sind für die Hauptzielgruppen Kinder und Jugendliche (5–17 Jahre), Erwachsene (18–64 Jahre) und Ältere (> 65 Jahre) formuliert.

Unabhängig vom Alter kann durch ein systematisches, individuell angepasstes Training eine umfangreiche Verbesserung der physischen Gesundheit hervorgerufen werden, da z. B. ein Ausdauertraining die aerobe Leistungsfähigkeit steigert.

Dadurch wird die Arbeitsweise des Körpers ökonomisiert. Des Weiteren hat eine erhöhte Ausdauerleistungsfähigkeit einen präventiven Einfluss auf die mögliche Entstehung von kardiovaskulären Krankheiten und trägt somit altersunabhängig zur Erhaltung der Gesundheit bei (Williams, 2001). Ein lebensbegleitendes Krafttraining verbessert die muskuläre Leistungsfähigkeit und wirkt sich schon ab dem Kindes- und Jugendalter positiv auf Aspekte wie die Entwicklung der sportlichen und alltagsmotorischen Leistung aus (Fröhlich, Gießing & Strack, 2019).

Gerade im Erwachsenenalter wird der Alltag häufig überwiegend in sitzender oder stehender Position verbracht, was als eigenständiger Risikofaktor für die Entstehung chronischer Erkrankungen gilt und oftmals Fehlhaltungen und Rückenschmerzen mit sich bringt (Finger, Mensink, Lange & Manz, 2017). (Auch lesenswert: 'Risiko Bewegungsmangel')

Hier kann durch Krafttraining der Volkskrankheit Rückenschmerzen sowie dem altersbedingten Abbau von Muskelmasse gezielt entgegengewirkt werden, wodurch die muskuläre Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Dies stellt vor allem in Bezug auf Sturzprophylaxe und Mobilität einen wichtigen Faktor dar.

Lebensphasenkonzept und Lebenswelten

Je früher im Lebenszyklus körperliche Aktivität eine Bedeutung findet, desto wahrscheinlicher ist es, dass diese auch ein Leben lang aufrechterhalten oder zumindest nach einem Pausieren wieder aufgenommen wird. Je nach Lebensphase spielen dabei unterschiedliche soziale Bezugssysteme eine Rolle. Auch die Motive für körperliche Aktivität sowie die individuellen Interessen können sich in den einzelnen Phasen unterscheiden.

Von daher ist es sinnvoll, die einzelnen Bewegungsangebote, Interventionen und Maßnahmen an der jeweiligen Lebensphase zu orientieren. Hier hat sich unter anderem der Setting-Ansatz bewährt: Gesundheit muss von den Menschen und für die Menschen im alltäglichen Leben geschaffen und immer wieder hergestellt werden (WHO, 1986).


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Um möglichst die ganze Bevölkerung mit gesundheitsförderlichen Aktivitäten zu erreichen, muss der Fokus auf die in allen Lebensabschnitten besonders bedeutsamen Lebensräume gerichtet werden – also auf die Settings, in denen die Menschen aufwachsen, leben und arbeiten.

Diese Lebensräume haben eine wesentliche Bedeutung für den Aufbau und die Ausschöpfung individueller Gesundheitspotenziale (Altgeld, 2010; Altgeld & Kolip, 2010). Es ergibt daher Sinn, der Frage nachzugehen, in welchen Lebenswelten sich welche Zielgruppen am ehesten erreichen lassen. In der Gesundheitsförderung haben sich folgende Settings als bedeutend erwiesen:

  • Familie
  • Kindergarten bzw. Schule
  • Betrieb
  • Kommune

Während der Gestaltungsspielraum im Rahmen eines individuellen Ansatzes oftmals eingeschränkt ist und sich nur auf das jeweilige Verhalten einzelner Personen bezieht, bietet der Setting-Ansatz umfassendere Strategien.

Die Spannbreite an Interventionen ist groß: Sie kann vom Verteilen von Informationsmaterialien über einzelne Projekttage zu gesundheitsrelevanten Themen (z. B. Rückengesundheit im Betrieb) bis hin zu speziellen Kurskonzepten oder Programmen (z. B. „Bewegte Pause“ im Arbeits- oder Schulalltag, Bewegungsräume in der Kita, Projekte zur Förderung des Bewegungsverhaltens in der Schule) reichen. Hier wird auch von der „Bewegungsförderung in einem Setting“ gesprochen (Naidoo & Wills, 2019). (Mehr lesen: 'Gesundheit erlebbar machen')


Über die Autorin

 

Prof. Dr. Sabine Kind arbeitet als Dozentin, Autorin und Tutorin an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) sowie als Referentin an der BSA-Akademie im Fachbereich Gesundheitswissenschaft/Gesundheitsförderung. Sie ist Autorin zahlreicher Fachartikel und gefragte Expertin zu Fitness- und Gesundheitsthemen.


Auch der Einbezug weiterer Zielgruppen ist ein Vorteil des Setting-Ansatzes. So sollten beispielsweise in der Kita oder Grundschule die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten im Rahmen der jeweiligen Maßnahmen Berücksichtigung finden.

Bedeutung von Fitness- und Gesundheitseinrichtungen

Speziell Fitness- und Gesundheitseinrichtungen haben eine zentrale Bedeutung für die Bewegungs- und Gesundheitsförderung. Sie sind meist wohnortnah zu finden und bieten eine breite Palette an Bewegungs- und Aktivitätsmöglichkeiten für alle Altersgruppen. Zudem verfügen sie über gut ausgebildetes Fachpersonal und entsprechende räumliche sowie materielle Ressourcen, was eine Umsetzung der vorangehend genannten Interventionen für unterschiedliche Settings ermöglicht.

Da Bewegung eine zentrale Säule der Gesundheitsförderung und Prävention darstellt, sind Spezialisten zur Erstellung und Umsetzung adäquater Gesundheitssportprogramme für jedes Alter notwendig.

Zu ihren Aufgabengebieten gehören zum Beispiel das Erstellen einer kundenspezifischen Anamnese, die Planung eines gesundheitsorientierten Kraft-, Ausdauer-, Beweglichkeits- und Koordinationstrainings sowie die Beurteilung der erzielten Trainingsfortschritte. Nur durch ein angeleitetes, systematisches und auf die Kundenbedürfnisse angepasstes Training können gesundheitsförderliche bzw. präventive Effekte erzielt werden.

Des Weiteren besteht die Möglichkeit, viele Trainingsformen zeitflexibel zu nutzen, sodass Beruf, Familie und sonstige Interessen mit körperlicher Aktivität gut in Einklang gebracht werden können.

In Fitness- und Gesundheitseinrichtungen treffen sich Gleichgesinnte, Gruppen entstehen, die Teilnehmenden motivieren sich gegenseitig und erwerben somit gleichzeitig wichtige soziale Ressourcen (GKV-Spitzenverband, 2020). Dies kann einen Beitrag zur Verbesserung und Aufrechterhaltung der psychischen und sozialen Gesundheit leisten und somit den ganzheitlichen Gesundheitsaspekt positiv beeinflussen. (Lesetipp: 'Unbeschwert altern')

Durch das breite Angebot, das Fitness- und Gesundheitseinrichtungen bieten, können Handlungskompetenzen über alle Lebensphasen hinweg vermittelt sowie physische und psychosoziale Gesundheitsressourcen gestärkt werden. So ist eine adäquate Zielgruppenansprache möglich.


Fazit

Über alle Lebensphasen hinweg besitzt Bewegung ein enormes Gesundheitspotenzial, weswegen sich Maßnahmen und Interventionen an der entsprechenden Lebensphase orientieren sollten. Neben dem Setting-Ansatz kommt Fitness- und Gesundheitseinrichtungen hierbei eine zentrale Bedeutung zu, da sie über die erforderlichen Personalqualifikationen verfügen, individualisierte sowie strukturierte Programme anbieten und wohnortnah anzutreffen sind.


Auszug aus der Literaturliste

Naidoo, J. & Wills, J. (Hrsg.). (2019). Lehrbuch Gesundheitsförderung (3., aktualisierte Aufl.). Bern: Hogrefe.

Rütten, A. & Pfeifer, K. (Hrsg.). (2016). Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Erlangen: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Wanjek, M. (2022). Bewegung zur Förderung von Gesundheit und Vermeidung von Krankheit. In B. Allmann, J. Loth & A. Morsch (Hrsg.), Zivilisationskrankheiten. Krankheitsketten vermeiden – Präventionskompetenzen entwickeln (S. 244–277). Hamburg: fitness MANAGEMENT.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:

Kind, S. (2023). Bewegungsförderung in allen Lebensphasen. fitness MANAGEMENT international, 2 (166), 106–108.

 

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