Online-Umfrage zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement offenbart Potenziale

BGM ist in kleinen bis mittleren Unternehmen bisher wenig verbreitet. Das Interesse jedoch ist groß und Kooperationen mit Fitnessstudios finden regen Zuspruch.
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Online-Umfrage zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement in kleinen bis mittleren Unternehmen.
Online-Umfrage zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement in kleinen bis mittleren Unternehmen.
Das DHfPG-Science-Lab behandelt aktuelle Studienergebnisse sowie ausgewählte Abschlussarbeiten der DHfPG. In dieser Ausgabe aus dem Fachbereich Gesundheitsförderung: Christina Johrden (B. A. Gesundheitsmanagement).

In Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) werden Maßnahmen eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements bisher in überschaubarem Rahmen durchgeführt. Gleichwohl zeigt sich aber ein großes Interesse an diesem Thema, insbesondere wenn ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis erkennbar ist. Dabei finden Kooperationen mit Fitnessstudios großen Zuspruch.

Hintergrund

Mit knapp 2,5 Millionen zählte 2016 die überwiegende Mehrheit (99,3 %) der deutschen Unternehmen zu Kleinst-, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). 61 Prozent der 29,1 Millionen Beschäftigten in Deutschland arbeiteten in KMU.

Während in vielen großen Unternehmen bereits gesundheitsfördernde Maßnahmen etabliert sind, erweist sich die Umsetzung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) in den KMU häufig als schwierig.

Daher stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Unternehmen bereits BGM-Maßnahmen durchführen und welche Hindernisse bei der Einführung bestehen. Wo wird ein Bedarf gesehen? Welche Maßnahmen wünschen sich die Unternehmen?

Es soll ein Beitrag geleistet werden, dem Thema BGM in KMU größere Aufmerksamkeit zu verschaffen. Ebenso sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie die Unternehmen unterstützt werden können.

Methodik

Hierzu wurden im August 2018 insgesamt 25 Unternehmen der Dienstleistungsbranche in Deutschland online befragt. Etwa 48 Prozent der Betriebe beschäftigten 49 Mitarbeiter oder weniger, 32 Prozent hatten maximal neun Mitarbeiter und 20 Prozent der Unternehmen waren größere Betriebe mit höchstens 249 Mitarbeitern.

Die Befragung wurde mithilfe der modifizierten Fassung eines standardisierten Fragebogens der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement durchgeführt, der bereits in mehreren Unternehmen eingesetzt wurde.

Anhand des Fragebogens wurde zunächst die Art und Struktur des jeweiligen KMU überprüft und festgestellt, ob bereits ein BGM besteht. Weitergehend wurden der Informationsstand und die Einstellung zum Thema BGM abgefragt. Zudem wurden derzeitige sowie geplante beziehungsweise potenzielle BGM-Maßnahmen genauer beleuchtet.

Auch subjektiv wahrgenommene Hindernisse und die gewünschte Unterstützung zur Einführung eines BGM wurden erfasst. Darüber hinaus wurden die Anforderungen an ein BGM aus Sicht der betreffenden Unternehmen sowie deren Informationsgrundlage zum Aufzeigen möglicher Wissensdefizite ermittelt.

Ergebnisse

Was kann ein BGM leisten?

Knapp zwei Drittel (67 %) der befragten Unternehmen besitzen derzeit kein BGM. Die Unternehmen geben als Beweggründe für die Einführung eines BGM an, ihre soziale Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern wahrnehmen zu wollen. Aus Sicht der Unternehmen kann mit einem BGM vor allem die Gesundheit der Beschäftigten verbessert und erhalten werden (Abb. S. 117 rechts). Ebenso vertreten sie die Meinung, dass ein BGM das Image verbessert und die Attraktivität als Arbeitgeber erhöht. Treten Probleme im Unternehmen auf, kann BGM helfen, hohen Fehlzeiten entgegenzuwirken und die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten zu erhalten bzw. zu verbessern.

Was wünschen sich Unternehmen?

Obwohl nur wenige Unternehmen ein ganzheitliches BGM eingeführt haben, werden in einigen bereits einzelne gesundheitsförderliche Maßnahmen umgesetzt. Wie der Abbildung (S. 117 links) zu entnehmen ist, wünschen sich KMU kostengünstige und überwiegend unkomplizierte Maßnahmen wie Check-ups zur Bewegungs- oder Haltungsanalyse. Eine langfristige Perspektive bieten Kooperationen mit Fitnessstudios und Sportvereinen. Aber auch Maßnahmen, die auf eine Stärkung des gesundheitsfördernden Verhaltens abzielen, wie zum Beispiel Präventionskurse, werden genannt. Zu berücksichtigen ist hier, dass nur die wenigsten Unternehmen solche Maßnahmen bereits durchführen.

Hürden bei der Einführung eines BGM

Neben dem Vorrang des Tagesgeschäfts führen finanzieller, personeller und zeitlicher Ressourcenmangel zu Hemmungen bei der Einführung eines BGM. 17 Prozent haben Umsetzungsprobleme, bei 13 Prozent der KMU ist der Nutzen von BGM unklar und bei vier Prozent bestehen Überforderung oder Unsicherheit.

Des Weiteren gaben 25 Prozent an, dass generell zu wenig Wissen über BGM vorhanden ist und damit die Fachkompetenz nicht gewährleistet werden kann. Deutlich wird, dass manche KMU nicht genug aufgeklärt sind, wenn es um die Umsetzung der Maßnahmen und andere Hintergrundinformationen geht.

Generell zeigen die Unternehmen aber Interesse an BGM. Nur ein kleiner Prozentsatz ist nicht interessiert an betrieblichen Gesundheitsförderungsaktivitäten und sieht keinen entsprechenden Bedarf. Hilfe wünschen sich die Unternehmen in Form von Informationen über den betriebswirtschaftlichen Nutzen und steuerliche Vorteile von BGM. Ein BGM muss ansprechend, nachhaltig, nützlich und bedarfsorientiert sein.

Handlungsempfehlungen

Vielen KMU fehlt Grundlagenwissen zu BGM, zum Beispiel über externe Unterstützungsmöglichkeiten. Die Wirksamkeit von BGM- Maßnahmen ist in großen wie in kleinen Unternehmen belegt. Es gibt jedoch weiterhin umfassende Hemmnisse, die dafür sorgen, dass dieses Thema im Vergleich zu seiner Wirksamkeit deutlich unterrepräsentiert ist. Es muss bei den KMU ein Verständnis dafür erzeugt werden, dass Investitionen in die Gesundheit und die Motivationssteigerung der Mitarbeiter von grundlegender Bedeutung für die Produktivität und Innovationsfähigkeit sind.

Einen Ansatzpunkt bietet das Bewusstsein bei Unternehmen, dass BGM ihre Attraktivität als Arbeitgeber steigern und das Image verbessern kann. Eine gesundheitsorientierte Ausrichtung und ein ganzheitliches BGM sind dabei nicht nur eine Notwendigkeit als Antwort auf den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel, sondern sie entwickeln sich auch immer mehr zu einem klaren Wettbewerbsvorteil. Um Hindernisse bei der BGM-Einführung zu überwinden, müssen KMU stärker als bisher die fachliche Begleitung von externen Beratern sowie Präventionsangebote in Anspruch nehmen. Ebenso besteht Interesse an mehr Aufklärung über Vorteile und Nutzen von BGM.

Fazit

Das Ziel der Befragung bestand darin, anhand einer Unternehmensstichprobe die derzeitige Situation der KMU im Bereich BGM genau darzustellen. Hierdurch sollten Faktoren identifiziert werden, die dafür sorgen, dass KMU keine oder nur wenige gesundheitsfördernde Maßnahmen langfristig durchführen.

Insgesamt bestätigte sich die noch geringe Umsetzung von BGM in kleinen und mittleren Unternehmen. Deutlich erkennbar ist, dass die Unternehmen grundsätzlich großes Interesse am Thema zeigen, insbesondere wenn ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis besteht.

Die Ergebnisse legen nahe, dass Fitness- und Gesundheitseinrichtungen die KMU bei ihrer Entwicklung zu gesundheitsförderlichen Organisationen unterstützen können. Entsprechende Kooperationen, Gesundheits-Check-ups und weitere individuelle Präventionsangebote zählen zu den Top 5 der Maßnahmen, die sich die Unternehmen wünschen.

So können Fitnessstudios die Umsetzung anregen und begleiten sowie als externe Berater fungieren. Eine Kooperation mit Fitnesseinrichtungen kann die Mitarbeiter dazu motivieren, sich verstärkt um die eigene Gesundheit zu kümmern.

Auf diese Weise können sich KMU als attraktive Arbeitgeber positionieren und ihr Image verbessern, womit der Erfolg des Unternehmens insgesamt gesteigert wird.

Christina Johrden

Alter: 28 Jahre
Duales Studium: Kieser Training Hamburg-Altona
Abschluss: B. A. Gesundheitsmanagement
Aktueller Arbeitgeber: Otto GmbH & Co. KG; Bereich Betriebliche Gesundheitsförderung

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