Geht es nach der Werbung, ist Kokosöl ein Superfood. Prof. Dr. Dr. Karin Michels sieht das ganz anders. Ihr Vortrag zum Thema „Ernährungsirrtümer“ sorgt im Netz für Aufsehen.
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Die Präventionsmedizinerin Karin Michels von der Universität Freiburg verfolgt die Lobeshymnen auf das angeblich gesunde Fett schon lange mit Argwohn. Jetzt hat sie ihre Zweifel in einem Vortrag an ihrem Institut öffentlich gemacht. Dass das Fett beim Abnehmen helfe, dass die Fettsäuren darin besser seien, es sogar antimikrobielle Wirkung habe: "Es ist alles völliger Quatsch", so Frau Prof. Michels. Knapp eine Million Mal wurde das Video von ihrem Vortrag bereits auf Youtube geklickt. "Kokosöl ist eines der schlimmsten Lebensmittel, die Sie überhaupt zu sich nehmen können", so Michels weiter. "Es gibt nicht eine einzige Studie am Menschen, die irgendeine positive Wirkung von Kokosöl zeigt. Kokosöl ist gefährlicher für Sie als Schweineschmalz."

Doch was ist dran an den Aussagen?

Prof. Dr. Georg Abel, Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement im Bereich Ernährungswissenschaften, nimmt Stellung zu den kontroversen Aussagen aus dem Vortrag von Prof. Dr. Dr. Karin Michels:

„Leider werden im besagten Video keine Quellen oder Studien bzw. wissenschaftliche Daten aufgeführt, die dies belegen. Weiterhin wird die Zufuhr von Kokosöl gleichgesetzt mit einer erhöhten Zufuhr an gesättigten Fettsäuren (ein Bestandteil von Kokosöl), die das Risiko für Arteriosklerose und Herz-Kreislauferkrankungen erhöhen. Allerdings sollten diese Aussagen etwas differenzierter dargestellt werden:

Eine verminderte Zufuhr an gesättigten Fettsäuren scheint die LDL-Cholesterol-Spiegel im Blut zu senken und dadurch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn die gesättigten Fettsäuren durch (mehrfach-) ungesättigte Fettsäuren in der Ernährung ersetzt werden. Dies bedeutet nicht, die gesättigten Fettsäuren „verstopfen“ unsere Gefäße, sondern durch eine Verschlechterung der Blutfettwerte (erhöhtes LDL-Cholesterol + Gesamt-Cholesterol à Verschlechterung LDL:HDL-Verhältnis) kann das Risiko zur Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht werden.

Allerdings gibt es gerade in diesem Kontext aktuelle Daten, die zeigen, dass die Zufuhr von Kokosöl im Vergleich zu Butter und Olivenöl nicht nur das LDL-Cholesterol, sondern auch das HDL-Cholesterol erhöhen kann, wobei die Erhöhung des LDL als stärkerer Risikofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen wird.

Letztendlich sollte die Wirkung eines Lebensmittels nicht auf einen Inhaltsstoff (in diesem Fall die gesättigten Fettsäuren im Kokosöl) reduziert werden. Vielmehr sollte die Wirkung des gesamten Lebensmittels (z.B. mit jeweils einem individuellen Fettsäureprofil) im Rahmen des gesamten Verzehrmusters und Ernährungsweise der individuellen Person sowie jeweiligen Verwendung betrachtet werden. So kann z.B. das Kokosöl gerade aufgrund des hohen Gehalts an gesättigten Fettsäuren gut zum Braten verwendet werden.

Daher lässt sich festhalten: Sowohl der Hype um Kokosöl als „Superfood“ mit gesundheitsfördernden Eigenschaften ist übertrieben. Genauso ist aber auch eine übertriebene Panikmache vor möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen bei einem „gesunden“ Umgang mit Kokosöl nicht notwendig, wenn ansonsten die Grundsätze einer bedarfsgerechten Ernährung berücksichtigt werden. Und gerade hier bestehen bei den meisten Menschen noch die größten Defizite.“

Bitte klicken Sie hier für das Youtube-Video vom Vortrag von Prof. Dr. Dr. Karin Michels.

Auch die Frankfurter Rundschau hat den aktuellen Diskurs um Kokosöl und den Vortrag von Prof. Michels in einem Beitrag aufgegriffen.

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