Markus Sigl im Interview: „Antworten auf alle saisonalen Besonderheiten der Fitnessszene finden“

Markus Sigl erklärt, wie wellyou Kursformate saisonal strategisch plant und die Kundenbindung stärkt.
Lesezeit: 6 Minuten
Saisonspezifische Angebote: Markus Sigl im Interview
Saisonspezifische Angebote: Markus Sigl im Interview
Von guten Vorsätzen bis zur Urlaubssaison: Markus Sigl, geschäftsführender Gesellschafter der wellyou Holding GmbH, erklärt im Interview, wie saisonale Angebote und flexible Marketingstrategien für einen konstanten Kundenzustrom sorgen.

fM: Beinhaltet Ihr Studiokonzept saisonspezifische Trainings- und Kursangebote? Auf welche saisonalen Fixpunkte haben Sie diese Angebote zugeschnitten?

Markus Sigl: Unser Trainingsangebot bleibt ganzjährig konstant – wir variieren lediglich im Kursangebot. Ab März/April beginnen wir mit zusätzlichen Kursen auch außerhalb der Studios, z. B. mit Laufgruppen. Außerdem steigt in dieser Zeit die Nachfrage nach Indoor-Cycling-Angeboten.

Unsere Fixpunkte im Jahr sind grob zusammengefasst:

  • im Januar/Februar: „Gute Vorsätze“ mit der Motivation Gesundheit
  • im März/April: Beginn der Laufsaison und damit Angebote auch außerhalb der Studios
  • im Mai/Juni/Juli: Beginn der Urlaubssaison mit der Motivation sportlicher Attraktivität
  • im Oktober/November: Beginn der Konsumphase und damit einhergehend die Motivation durch attraktive Ersparnisse

Wie wird dieses Angebot von Ihren Kundinnen und Kunden angenommen? Gibt es in der Akzeptanz Unterschiede zwischen Zielgruppen oder auch Standorten?

Bei 45 Standorten – verteilt zwischen Flensburg und Dresden oder Emden und Stralsund – machen sich natürlich regionale Unterschiede bemerkbar. Wir stellen jedoch fest: Die Nachfrage nach Livekursangeboten ist in den vergangenen Jahren überall enorm gestiegen. Deswegen haben wir bei wellyou die Kooperation mit Les Mills ausgeweitet und in allen unseren Studios moderne Kursräume eingerichtet. Außerdem werden wir im Frühjahr 2025 ein weiteres spannendes Trainings- und Kurskonzept in unseren Anlagen umsetzen. Dazu werden wir rechtzeitig informieren.

Unterschiede stellen wir bei der Nutzung verschiedener Kursformate fest: Jumping- und Indoor-Cycling-Kurse funktionieren tendenziell im urbanen Umfeld besser.

Hat sich die Resonanz Ihrer Kundinnen und Kunden oder die Nachfrage nach saisonalen Angeboten in den letzten Jahren verändert?

Die Motivation und die Zielsetzung der Mitglieder variieren. Über den Zeitraum April bis August liegt der Fokus weniger auf Gesunderhaltung und Wohlbefinden, sondern vielmehr auf der sportlichen Attraktivität. In diesem Zeitraum werden die Themen Ernährung und HIIT-Training deutlich mehr nachgefragt. Wir merken in den letzten Jahren allerdings schnellere Zyklen und eine größere Bandbreite der Nachfrage nach bestimmten Angeboten.

Inwieweit fließen saisonale Aspekte auch in die Trainingsplangestaltung und Trainingsbetreuung durch Ihr Trainerteam ein?

Unsere Trainer werden ganzjährig geschult und fortgebildet. Sie sind in der Lage, situativ auf sich verändernde Kundenwünsche zu reagieren.

Sind Ihre saisonalen Angebote in den Mitgliedsbeiträgen inbegriffen oder nutzen Sie diese für Upselling-Optionen?

Saisonale Angebote finden bei uns immerzu auf der All-in-Plattform statt, die wir unseren Mitgliedern anbieten. Im Frühjahr 2023 haben wir allerdings zahlungspflichtiges Personal Training in allen Studios eingeführt. Über diese gebuchten Trainingstermine können wir Rückschlüsse auf die Trainingsmotivation der Mitglieder ziehen und haben festgestellt, dass sie bereit sind, zu bestimmten Jahreszeiten mehr Geld zu investieren.

Mit welchen Marketingmaßnahmen kommunizieren Sie saisonale Angebote? Wie hat sich das saisonale Marketing in den vergangenen Jahren entwickelt und welche Tools und Kanäle sind am wichtigsten?

Wir verpacken unsere Marketingmaßnahmen in Sponsoringformate, in Offline-Maßnahmen und in Videoformate. Hierzu finden mehrmals im Jahr interne Media Days mit unserem Marketingteam und unserem Videostudio in Düsseldorf statt. Außerdem greifen wir auf eine große Palette von Influencern und Testimonials zurück.

Über den Interviewpartner

Markus Sigl, geschäftsführender Gesellschafter bei wellyou

Markus Sigl

Markus Sigl stammt aus Willingen im Sauerland. Durch den Besuch der dortigen Eliteschule des Sports kam er früh mit dem Leistungssport in Berührung. Nach dem Abitur studierte er Sportökonomie sowie Romanistik und arbeitete als Sportjournalist. Nach einer Selbstständigkeit als Personal Trainer war er ab 2013 fünf Jahre lang für die RSG Group tätig.

Ab 2018 arbeitete er für FitnessLOFT, zunächst als Regionalmanager, dann als Head of Sales and Marketing. Seit Anfang 2021 ist Markus Sigl geschäftsführender Gesellschafter bei wellyou. Der Vater zweier Söhne liebt nach wie vor das Fitnesstraining sowie Golf und Reisen und verbringt gern viel Zeit mit seiner Familie.

Ein wellyou-Mitglied ist durchschnittlich deutlich unter 30 Jahre alt – das sind genau die Kunden, die sich viel besser mit dem Fitnesstraining und unserer Industrie auskennen als alle vorherigen Kundengruppen.

Wir tragen dieser Entwicklung Rechnung und reden in unseren Botschaften nicht um den heißen Brei herum, sondern kommunizieren schnell und unmissverständlich. Die relevantesten Kanäle für uns sind weiterhin Instagram und Facebook – außerdem im regionalen Umfeld tatsächlich das Thema Sponsoring.

Inwiefern variieren diese Marketingmaßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen?

Wir variieren durch Bildsprache, Set-Designs und Copys, also Textbotschaften. Die Kanäle bleiben aber die gleichen. Als erfolgreich hat sich – wie gesagt – im ländlichen Raum das Sponsoring erwiesen.

Über diesen Weg gelingt es, auch komplexe Botschaften und Maßnahmen dauerhaft anzusprechen und in verdauliche Botschaften zu verpacken.

Welchen Stellenwert hat Ihr saisonales Marketing im Vergleich zu den traditionell wichtigsten Monaten Januar und Februar?

Die Fokussierung auf saisonale Besonderheiten hat dazu geführt, dass wir mittlerweile nicht mehr wie vor viereinhalb Jahren fast 40 Prozent der Vertragsabschlüsse eines ganzen Jahres in Q1 erzielen, sondern nur noch knapp 20 bis 25 Prozent.

Wir machen in jedem Quartal Kampagnen und saisonale Marketingmaßnahmen, die dazu führen, dass wir einen konstanten Kundenzustrom haben.

Nach welchen Kriterien erstellen Sie den Marketingplan für das kommende Jahr und wie sind die Verantwortlichkeiten verteilt?

Marketing und Vertrieb mit all ihren Disziplinen – u. a. Produkt, Preis, Kommunikation – liegen auf meinem Schreibtisch und werden durch mich konzipiert und angestoßen. Wir haben ein tolles Marketingteam aufgebaut, das sehr innovativ und professionell agiert und unsere Ideen super umsetzt.

Ein wesentlicher Grund für unseren Erfolg der letzten drei Jahre ist die Tatsache, dass wir wenig an Agenturen aus der Hand geben, „dass der Chef bei uns noch immer selbst kocht“. Wir haben täglich Kontakt zu unseren Studiomitarbeitern, zu den Mitgliedern und versuchen täglich neu zu denken, was
potenzielle Kunden bewegt und motiviert. Das ist mit externen Agenturen nur schwer zu erreichen.

„Es ist zu kurz gedacht, nur an den Jahreszeiten abzulesen, was die Mitglieder wollen.“

Den Jahresmarketingplan verabschieden wir jeweils im September des Vorjahres, nehmen aber individuell Anpassungen vor, wenn es das Marktgeschehen erfordert. Dennoch wissen wir bereits heute, welche Bildsprache, welches Angebot und welche Video-Ads wir zum Beispiel im Rahmen unserer Sommerkampagne 2025 nutzen werden.

Die Produktion der Inhalte fand bereits statt. Wir versuchen konsequent und frühzeitig in die Umsetzung zu kommen, um dann gegebenenfalls noch kurzfristig auf Veränderungen Rücksicht nehmen zu können.

Arbeiten Sie im Marketingbereich mit externen Dienstleistern zusammen oder produzieren Sie alle Kampagnen inhouse?

Im Performance-Marketing arbeitet unsere Marketingabteilung eng mit TRINITY zusammen. Hier profitieren wir vom Know-how der Agentur und den gewachsenen Strukturen der letzten vier Jahre.

Außerdem schaffen wir Raum und Kapazitäten für die kreativen Prozesse in unseren Fachabteilungen: Kampagnenplanung, Pricing, Strategie, kurzum die komplette Vertriebs- und Marketingplanung machen wir selbstständig. Die Konzeption, Gestaltung, Produktion und Bearbeitung des Contents unserer Bild- und Videomaßnahmen liegt ebenfalls in unseren Händen.

Weitere Interviews und Hintergründe

In weiteren Interviews sprechen Nikolai Meurer und Felix Laufer über saisonales Marketing. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Saisonspezifische Angebote' als Einstieg zum Interview.

Indem Sie auf das Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum Artikel.

Ich bin der Meinung, dass es uns dadurch gelungen ist, uns von vielen Wettbewerbern abzuheben und zu differenzieren. Der Look von wellyou ist einzigartig und erfreut sich eines enormen Wiedererkennungswertes.

Das gelingt am treffsichersten, wenn er aus den eigenen Reihen entwickelt wird und in Zusammenarbeit mit professionellen Akteuren, also Regisseur, Cutter, Sounddesigner, Fotografen etc., gemeinsam „gedacht“ wird. Ein unterstützender Faktor als Differenzierungsmerkmal ist für uns die Mediakommunikation. Dafür haben wir uns deutlich digital und sehr breit aufgestellt.

Außerdem investieren wir viel Zeit und Mühe in die Produktion hochwertiger Content-Formate und bedienen einen komplexen Mix mehrerer Medien. Um unserem Anspruch gerecht zu werden, müssen wir mögliche Content-Ideen täglich „frisch denken“ und ganz nah an der Zielgruppe und dem Tagesgeschehen sein.

Wir entscheiden, auf welche Art und Weise wir ein Thema aufgreifen und wie unsere Marke im Zuge einer neuen Kampagne Stück für Stück weiterentwickelt werden soll. Die rebellische und humorvolle Positionierung passt im Kern natürlich hervorragend zu unserer Zielgruppe und zum Thema Fitness. Sie lässt uns genug kreativen Spielraum.

Über welche Qualifikationen verfügt Ihr Marketingteam, wie setzt es sich zusammen und wie wichtig ist die Aus- und Weiterbildung?

Unser Team besteht aus drei Grafikern, zwei Mitarbeitern im Social-Media-Bereich und einer Marketingleitung. Ich lege Wert darauf, dass unsere Mitarbeiter in der Regel über Agenturerfahrung verfügen.

Unseren Mitarbeitern steht ein Aus- und Fortbildungsbudget zur Verfügung, das gern in Anspruch genommen wird. Außerdem forciere ich den Austausch mit Kollegen aus anderen Branchen und freue mich über gemeinsame Besuche auf der FIBO, dem OMR, der DMEXCO etc.

Wie wird sich der Stellenwert von saisonalen Angeboten Ihrer Einschätzung nach in den kommenden Jahren entwickeln?

Wir versuchen Antworten auf alle saisonalen Besonderheiten der Fitnessszene zu finden. Sport und Ernährung sind dabei immer das Fundament, die Lösung. Doch die Bedürfnisse der potenziellen Mitglieder haben sich enorm diversifiziert und ändern sich auch zukünftig weiter. Es ist zu kurz gedacht, nur an den Jahreszeiten abzulesen, was die Mitglieder wollen.

Das Wissen um die Mitgliederbedürfnisse ist für uns enorm relevant, um unser eigenes Marketing dauerhaft zu hinterfragen und anzupassen.

dhfpg-bsa

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Für fitness MANAGEMENT berichtet

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