Management, Markt | Autor/in: fM Redaktion |

Deutschland ist in Europa der führende Fitnessmarkt: Interview mit Chuck Runyon über die Expansionspläne von Anytime Fitness

Anytime Fitness gilt als eines der größten Fitnessclub-Franchiseunternehmen der Welt. Mit mehr als drei Millionen Mitgliedern in 5.000 Fitnessstudios weltweit erwirtschaftet das Unternehmen einen Umsatz von mehr als einer Milliarde US-Dollar. fitness MANAGEMENT international (Ausgabe 03/2023) sprach mit Chuck Runyon, Mitbegründer von Anytime Fitness und CEO von Self Esteem Brands, über seine Karriere in der Fitnessbranche, die Erfolge seines Fitnessstudiokonzepts Anytime Fitness und die Expansionspläne in Deutschland.

Chuck Runyon, Mitbegründer von Anytime Fitness und CEO von Self Esteem Brands

fM: Bevor wir über die Entwicklung von Anytime Fitness sprechen, ist es interessant, einen Blick auf Ihren Lebenslauf zu werfen: Wann haben Sie Ihre Karriere in der Fitnessbranche begonnen und wie sind Sie in die Branche gekommen?

Chuck Runyon: Mein Partner Dave Mortensen (Anm. d. R.: „Dave“ ist der Spitzname von David Mortensen) und ich haben mit 20 Jahren in der Fitnessbranche angefangen, wir haben also über drei Jahrzehnte Erfahrung im Markt. Damals haben wir Marketingkampagnen für Clubs durchgeführt, waren später Eigentümer und Betreiber von Clubs, und jetzt sind wir im Franchising tätig.


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Vom ersten Tag an fühlten wir uns von der Fitnesskultur angezogen, die aktiv, ehrgeizig, aber auch gemeinschaftlich war. Nach all diesen Jahren liebe ich diese Branche immer noch so sehr wie an Tag eins. Die Menschen gehen ins Fitnessstudio, um sich besser zu fühlen und etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Wenn sie das Fitnessstudio verlassen, sind sie glücklichere Personen. Für mich ist es die größte Erfüllung, den Menschen eine Dienstleistung anzubieten, die ihr Leben besser macht.

Welche Fähigkeiten haben Ihnen geholfen, in der Fitnessbranche Fuß zu fassen?

Tatsächlich ist das spannend, denn Dave und ich haben beide keinen Collegeabschluss und wir haben auch keine wirkliche formale Ausbildung als Geschäftsleiter.

Als wir unsere Karriere gestartet haben, war das noch möglich. In einigen Situationen wäre ein Studium jedoch sehr hilfreich gewesen und hätte auch einiges an Kosten gespart. Aber wir waren schon immer sehr gut im Verkauf und haben uns um Menschen gekümmert.


Über den Interviewpartner

Chuck Runyon ist CEO und Mitbegründer von Self Esteem Brands – der Muttergesellschaft von Anytime Fitness, Waxing the City, The Bar Method, Basecamp Fitness und Stronger U. Er leitet das größte Franchise-Fitnessunternehmen der Welt mit einem wachsenden globalen Markenportfolio, das Fitness-, Ernährungs- und Wellnessdienstleistungen anbietet, die Millionen von Menschen weltweit helfen, ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu verbessern.


Das ist wichtig, besonders in unserer Branche, da wir ein Dienstleistungsunternehmen sind. Außerdem haben wir einen zuverlässigen Instinkt, wenn es darum geht, gute Mitarbeitende zu finden und ein Team aufzubauen. Vieles mussten wir uns jedoch mühsam selbst aneignen, was man mit einer Ausbildung oder Studium hätte abkürzen können: z. B. Finanzierungsmöglichkeiten, Marketing, Rechtsfragen oder Immobilienwesen.

Im Grunde also all die Dinge, die man wissen muss, um ein guter Franchisegeber zu werden. Bis heute lernen wir jeden Tag etwas Neues über die Fitness- und insbesondere die Franchisebranche.

Warum haben Sie Anytime Fitness im Jahr 2002 gegründet? Was war die Idee dahinter und warum haben Sie sich auf Franchising spezialisiert?

Vor mehr als 20 Jahren bestand die Fitnessbranche hauptsächlich aus großen Clubs wie einem YMCA oder einem großen Multisportfitnesscenter.

Es gab ein paar Studios für Frauen und einige Fitnessstudios mit freien Gewichten, aber das war in der Branche eher unüblich. Also ergriffen wir die Gelegenheit.

Wir entwickelten ein Konzept für ein Fitnessstudio in der Nachbarschaft, dass unseren Mitgliedern durch Technologie ermöglicht, rund um die Uhr Zugang zum Studio zu haben.


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Unsere Idee war es, unseren Kunden so viel Komfort wie möglich zu bieten – gleichzeitig zu erschwinglichen Konditionen. Deshalb haben wir die Studios näher an ihr Zuhause oder ihren Arbeitsplatz gebracht, indem wir unsere Studios in kleineren Räumlichkeiten von 500 bis 600 Quadratmetern eröffnet haben.

Da dies sehr erfolgreich war, haben wir das Konzept auch in Märkten auf der ganzen Welt etabliert. Die einzige Möglichkeit, dies zu erreichen, war ein Franchisesystem.

Wir sind sehr stolz darauf, dass wir eine große Auswahl an Fitnessgeräten und einen hervorragenden Service anbieten können, sowohl in städtischen als auch in ländlichen Regionen weltweit.

Vom Start-up zu einem der größten Franchise-Fitnessunternehmen: Wie hat diese Entwicklung Ihre Arbeit und Ihre Ziele in den letzten 21 Jahren verändert?

Als wir Anytime Fitness im Jahr 2002 gründeten, waren wir die ersten, die diese Kategorie eines technologiebasierten Nachbarschaftsclubs geschaffen haben.

Kurz darauf gab es viele Nachahmer, weil dieses Geschäftsmodell so einfach zu kopieren ist. Im Grunde kauft man einfach ein Zugangssystem, stellt Geräte auf und verkauft Mitgliedschaften.

Deshalb mussten wir sehr schnell wachsen, um unsere Franchiseangebote günstiger zu machen, mehr Franchisepartner zu gewinnen und Marktanteile zu sichern.

Wir sorgten uns anfangs sehr darum, dass unsere Franchisenehmer einen guten Job machen, und waren von deren Leistung überwältigt. Die Kombination aus unserer Unterstützung und der schnellen Markteinführung ermöglichte es uns, Marktanteile zu gewinnen, und so wuchsen wir viel schneller als alle unsere Nachahmer. 

Heute sind wir an 5.000 Standorten weltweit vertreten. Unser erstes internationales Geschäft haben wir 2008 abgeschlossen. Unser Hauptziel, das Geschäft für unsere Franchisenehmerinnen und -nehmer zugänglich und erschwinglich zu machen, hat uns die ganze Zeit über angetrieben.

Wir wussten, dass zufriedene Franchisenehmende anderen davon erzählen und wir dadurch wachsen würden. Dementsprechend haben wir uns immer darauf konzentriert, unseren Franchisenehmern zum Erfolg zu verhelfen.

Erfolg ist eine Kombination aus verschiedenen Faktoren. Einerseits ist es sehr wichtig, den richtigen Standort im richtigen Markt zu wählen.

Andererseits muss das richtige Clubmanagement sowie passende Trainerinnen und Trainer ausgewählt werden, die sich um die Mitglieder kümmern.

Wenn man diese beiden Dinge gut macht, wird das Studio auch gut laufen. Je stärker jedoch der Wettbewerb in der Branche wird, desto wichtiger werden diese Faktoren auch.

Wie teilen Sie und Ihr Mitbegründer Dave Mortensen die Aufgaben auf? Was ist das Geheimnis Ihrer mehr als 20-jährigen erfolgreichen Zusammenarbeit?

Das ist eine gute Frage. Ich muss lachen, denn wir haben nicht wirklich eine Formel. Es hängt davon ab, welches Thema, welche Situation oder welches Problem sich ergibt.

Derjenige, der die meiste Leidenschaft dafür hat, ergreift die Initiative. Keiner von uns hat ein bestimmtes Fachwissen. Wir teilen uns je nach Verfügbarkeit oder Vorerfahrung auf.

Welche Maßnahmen setzen Sie ein, um weltweit einheitliche Qualitätsstandards für die Mitglieder und Franchisenehmer zu gewährleisten?

Wenn Sie ein Anytime Fitness in den Vereinigten Staaten nehmen und es irgendwo anders auf der Welt platzieren, sieht es aus wie Anytime Fitness, fühlt sich so an und funktioniert auch so – das ist unser Geheimrezept.

Unsere internationalen Partner und alle unsere Standorte haben hohe Standards. Zugegebenerweise haben wir die Standards im Zuge der globalen Expansion etwas gelockert, besser gesagt 'nationalisiert', wo es nötig war.

Dies war zum Beispiel in Japan der Fall, wo wir gerade unsere tausendste Filiale eröffnet haben, oder in Australien, wo wir über 600 Clubs betreiben. Im Rest der Welt, z. B. in Südostasien, haben wir einige hundert Standorte, im Vereinigten Königreich fast 200 und es gibt noch so viele Orte, an die wir gehen können.

Die Welt ist in Bezug auf Fitness unterversorgt. Die Penetrationsrate im kommerziellen Fitnessbereich und auch das Franchising nehmen weiter zu.

Ich sehe Potenzial für 10.000 Anytime-Fitness-Standorte auf der ganzen Welt, was auch ein Benefit für unsere Mitglieder ist. Wenn sie eine Mitgliedschaft in einem Club erwerben, können sie jeden unserer Clubs auf der ganzen Welt nutzen. Aktuell besuchen rund 20 Prozent unserer Mitglieder im Laufe eines Monats einen anderen Anytime-Fitness-Club.

Beim European Health & Fitness Forum auf der FIBO sprachen Sie über eine sehr spezielle Kennzahl, die Sie bei Anytime Fitness zur Unternehmenssteuerung verwenden. Wie genau sieht diese aus?

Der 'Personal Health Score', wie wir sie nennen, ist zu unserer wichtigsten Kennzahl geworden. Wir wollen die biometrischen Daten und Verhaltensweisen unserer Mitglieder erfassen, um sie zu betreuen.

Ihre Fortschritte und die Ergebnisse ihres Trainings möchten wir im Laufe der Zeit sehen. Wenn die Mitglieder einen Unterschied spüren und vor allem messbar 'greifen' können, bleiben sie länger dabei und empfehlen uns weiter.

Das ist eine großartige Möglichkeit für uns, unser Geschäft auszubauen. Denn genau das ist der Grund, warum die Mitglieder ursprünglich in den Club eingetreten sind.

Damit können wir unseren Teil dazu beitragen, die Gesundheit der Bevölkerung zu messen und zu verbessern. Wenn unsere Branche Teil der Prävention und des Gesundheitsbereichs sein möchte, muss das Trainingsergebnis auch empirisch nachgewiesen werden und vor allem messbar sein.

Mit der heute verfügbaren Technologie haben wir die Möglichkeit, dies zu tun. Daher sollten Kennzahlen wie unser 'Personal Health Score' zu den obersten Prioritäten in jedem Fitnessstudio gehören.

Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen für die weitere Expansion und wie wollen Sie diese bewältigen?

Die größten Herausforderungen sind es, die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie die Inflationskrise zu überwinden. Die Eröffnungskosten sind gestiegen, die Lieferketten sind komplexer geworden, die Kreditkosten sind gestiegen und auch der Arbeitsmarkt macht uns zu schaffen.

Es ist heute teurer, ein Anytime Fitness zu eröffnen als noch vor ein paar Jahren. Dazu kommt der Krieg in der Ukraine, die Energiekosten sind explodiert und die Wechselkurse verschiedener Währungen sind gegenüber dem Dollar ungünstiger geworden. Trotz dieser Umstände haben wir weitere 500 Standorte in der ganzen Welt eröffnet.

Ohne diesen Gegenwind wäre die Zahl noch höher. Insgesamt geht es uns gut, da wir uns immer darauf konzentriert haben, unseren Franchisenehmern zu helfen, einen Club zu eröffnen, der kosteneffizient ist und sie schnell in die Gewinnzone bringen kann.

Was die Zukunft angeht, so wird sich die Branche erholen, wie wir es bereits heute in einigen Märkten sehen.

Im April 2023 haben Sie angekündigt, dass Sie in den österreichischen Markt einsteigen. Können Sie uns bitte etwas darüber erzählen?

Wir freuen uns sehr darüber. Österreich ist unser 40. Land, in dem Anytime Fitness aktiv ist. (Lesen Sie weiter: 'Willkommen Österreich')

In diesem Markt gehen wir eine Partnerschaft mit einem bestehenden Betreiber ein. Manfred Mitterlehner von Mitterlehner Training ist ein Fitnessstudiobetreiber, der sein Fachwissen bereits unter Beweis gestellt hat.

Er führt erfolgreiche Fitness- und Gesundheitsanlagen, legt hohen Wert auf die Kundenbetreuung und weiß, wie man die Community abholt.

Der erste Schritt besteht darin, einige seiner bestehenden Clubs in Anytime Fitness umzuwandeln und einen ersten Marktanteil zu gewinnen. Schritt zwei ist es, durch Neueröffnungen weitere Clubs in Österreich zu etablieren.

Das Ziel ist es, bis zum Ende des dritten Quartals 2023 elf Anytime-Fitness-Clubs in Österreich zu betreiben – und es werden natürlich noch mehr werden.

Welche Pläne haben Sie für den deutschen Markt?

Wir sind sehr gespannt auf den deutschen Markt, da er einer unserer nächsten großen Zielmärkte ist. Wir haben ihn uns bereits angeschaut, als wir 2019 mit dem ersten Club in Deutschland starteten.


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Allerdings hat uns die Corona-Pandemie zurückgeworfen. Wir sind der Meinung, dass Anytime Fitness ein großartiges Kundenversprechen hat, dass wir unseren Mitgliedern einen unglaublichen Komfort und die richtige Dienstleistung zum richtigen Preis bieten.

Natürlich ist Deutschland einer der führenden Fitnessmärkte in Europa, also muss Anytime Fitness auch dort vertreten sein.


Hintergründe zu Anytime Fitness

Chuck Runyon revolutionierte die Fitnessbranche im Jahr 2002, als er zusammen mit David Mortensen Anytime Fitness gründete. Heute ist Anytime Fitness mit mehr als 5.000 Franchisestandorten auf allen sieben Kontinenten – mehr als die Hälfte davon außerhalb der USA, in mehr als 30 Ländern – die Nummer eins unter den Fitnessclub-Franchiseunternehmen weltweit. Chuck Runyon und David Mortensen erhielten von der International Franchise Association (IFA) den 2020 Entrepreneur of the Year Award.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 03/2023 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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