Management | Autor/in: Prof. Dr. Oliver Schumann |

Wie Sie Mitarbeiter erfolgreich an Bord holen

Onboarding ist mehr als nur ein Trend: Angesichts des weit verbreiteten Fachkräftemangels ist es für Fitnessunternehmen eine absolute Notwendigkeit – unabhängig von Konjunktur- oder Krisenzeiten. Hierfür wird jedoch ein systematisches Management benötigt, die Besonderheiten der Branche müssen berücksichtigt werden und es sollte eine Sensibilität für zentrale Fehler, die im Onboarding passieren können, vorhanden sein.

Erfolgspotenzial Onboarding – Wie Sie Mitarbeiter erfolgreich an Bord holen

Onboarding – auf Deutsch so viel wie 'an Bord nehmen' – kann als strategisches Erfolgspotenzial bezeichnet werden und stellt einen zentralen Einflussfaktor im Rahmen des Employer Brandings von Fitness- und Gesundheitsunternehmen dar (Haufe, 2020; Colbus & Drack, 2020).

Vorteile eines strukturierten Onboardings

Die Wirksamkeit des Onboardings spiegelt sich in einer schnelleren und höheren Produktivität wider: Wenn erste Einarbeitungsprozesse und Schulungen von neuen Mitarbeitern oder bspw. dual Studierenden nicht nur dem Informations- und Lernfluss dienen, sondern auch die Werte des Unternehmens vermitteln sowie das Zugehörigkeitsgefühl und die Unternehmensidentifikation fördern.


 


Der Effekt des Onboardings lässt sich aber auch in einer Reduktion von zahlreichen Kosten, wie u. a. den Kosten rund um erneute Einstellungen (Inserat, Bewerbungsverfahren, Selektion usw.), Neuausbildungskosten oder Kosten für verlorene Produktivität, erfassen.

Entsprechend lohnt sich für Gesundheitsunternehmen ein detaillierter Blick auf ein strukturiertes und systematisches Onboarding und vor allem auf das Verständnis dieses Begriffs innerhalb des eigenen Unternehmens.


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Motivierende Einarbeitung mit System

Onboarding bedeutet, neue Mitarbeiter gezielt 'an Bord' zu nehmen. Damit ist sowohl die allgemeine Einführung eines neuen Mitarbeiters als auch die fachliche Einarbeitung und vor allem die so wichtige soziale Integration in das bestehende Mitarbeiterteam des Unternehmens gemeint (Haufe, 2020).

Diese Vorgehensweise beinhaltet somit alle Maßnahmen, die der Integration dienen, idealerweise beginnend mit der Vertragsunterschrift. Sie umfasst also weit mehr als nur ein Begrüßungsgespräch und einen Einarbeitungsplan: Onboarding ist…


„…the strategic process designed to acclimate new employees into the organization and preparing them to contribute to a desired level as quickly as possible.“

Aberdeen Group, 2012


Die Notwendigkeit eines Onboardings – sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber – liegt auf der Hand: So hat angesichts einer Fachkräfteumfrage (Stepstone, 2018) bereits jeder dritte der Befragten mindestens einmal in seinem Berufsleben das Unternehmen in der Probezeit verlassen, u. a. da die Jobinhalte nicht den persönlichen Erwartungen aus den Bewerbungsgesprächen entsprachen.

Angesichts weiterer Analysen (Haufe, 2019 & 2020) mussten 30 Prozent der Unternehmen bereits Kündigungen zwischen der Vertragsunterschrift und dem ersten Arbeitstag hinnehmen. Umgekehrt gilt schon seit Langem, „…that employees who go through a structured onboarding process are 69 % more likely to remain with the organisation after 3 years, than those who do not“ (Ganzel, 1998).

Onboarding-Prozessphasen auf einen Blick

Onboarding-Prozesse können in zeitliche Phasen eingeteilt werden. Diese starten mit der Unterschrift des neuen Mitarbeiters und werden durch gut strukturierte Orientierungsphasen im und Integrationsphasen in das Unternehmen weitergeführt:

  • Phase 1 'Preboarding': von der Vertragsunterschrift bis zum ersten Arbeitstag
  • Phase 2 'Orientierungsphase': erster Arbeitstag und erste Arbeitswoche
  • Phase 3 'Einarbeitung und Integration': bis Ende der Probezeit

Die folgende Abbildung stellt die einzelnen Phasen und beispielhaften Maßnahmen übersichtlich dar:

Die zahlreichen durchzuführenden Maßnahmen differenzieren sich nicht nur hinsichtlich der zeitlichen Phasen, sondern auch zusätzlich in Bezug auf die unterschiedlichen Ebenen, auf denen die konkreten Onboarding-Prozesse verlaufen (Haufe, 2020):

  • Ebene 1 'Fachliche Integration': bezieht sich auf das faktische Wissen im neuen Arbeitsbereich
  • Ebene 2 'Soziale Integration': umfasst alle sozialen Kontakte – vom direkten Kollegen bis zum Vorgesetzten
  • Ebene 3 'Werteorientierte und kulturelle Integration': bezieht sich auf alle Ziele und Grundsätze der Unternehmensphilosophie

Umsetzungstipps für die Praxis

Gerade die letztgenannte Ebene hat eine große Bedeutung. Ziel ist es hier, dass der neue Mitarbeiter direkt positive Erfahrungen macht (Candidate Experience) und unnötige, vermeidbare Enttäuschungen (gerade in unruhigen Zeiten) möglichst verhindert werden können.

In allen Phasen ist darauf zu achten, dass die interaktive Gestaltung der Vermittlung von Inhalten Vorrang hat. Eine Standardpräsentation zu den Unternehmenswerten führt noch lange nicht dazu, dass der neue Mitarbeiter diese auch verinnerlicht und sie in der praktischen Arbeit auch lebt bzw. praktiziert.

Ein interaktives Webinar oder ein Gespräch mit der Führungskraft sowie das tägliche aktive Vorleben dieser Unternehmenswerte führen hingegen zu einer aktiven Auseinandersetzung und 'echtem Lernen'.


 


Weitere Tipps im erfolgreichen Onboarding sind u. a. (Haufe, 2018):

  1. Onboarding-Prozess muss fester Bestandteil des Unternehmens bzw. fest in dessen Strategie verankert sein
  2. Eigenes Budget für Onboarding bereitstellen
  3. Administrative Vorbereitungen durchführen: Mitarbeiter findet am ersten Arbeitstag komplett ausgestatteten Arbeitsplatz vor
  4. Erster Arbeitstag: Vorbereiteter Einstieg und konkreter Einarbeitungsplan mit Möglichkeiten zum Netzwerken sicherstellen
  5. Passgenauer Onboarding-Prozess je nach Karrierestufe, Stellenprofil und Branche

Individuelle & branchenspezifische Lösungen gefragt

Insbesondere auf den letztgenannten Punkt soll noch einmal explizit verwiesen werden: Die passgenaue Gestaltung von Onboarding-Prozessen je nach Karrierestufe oder Stellenprofil ist notwendig, da beispielsweise ein erfahrener Senior Sales Manager viel schneller die Verantwortung für ein konkretes Projekt innerhalb einer Fitnesskette übernehmen kann als ein Mitarbeiter, der gegebenenfalls zunächst erst einmal einige Schulungen benötigt.

Unabhängig von der Stelle bzw. der jeweiligen Qualifikation gilt es grundsätzlich, im Rahmen der Einarbeitung von Anfang an die Stärken des Mitarbeiters oder des dual Studierenden zu nutzen und ihm entsprechende Verantwortung und Freiräume zu übertragen.

Onboarding muss induviduell sein

Nur so kann er sich aktiv einbringen und sich weiterentwickeln, was nicht nur die Motivation, sondern auch die Loyalität und die Identifikation mit dem Unternehmen fördert (Mächler, 2020).

Das Onboarding muss des Weiteren auch zum Unternehmen und zu der jeweiligen Branche passen. Die Immobilienbranche benötigt zum Beispiel einen anderen Onboarding-Prozess als die Fitnessbranche und diese wiederum braucht etwas Anderes als E-Commerce-Unternehmen.

Spezielle Anforderungen des virtuellen Onboardings

Neben den spezifischen Branchenherausforderungen sind im Kontext des Onboardings deshalb auch immer noch die aktuelle Situation und die gegenwärtigen Trends zu berücksichtigen.

So hat u. a. durch die Corona-Krise und die zunehmenden Digitalisierungspotenziale das Thema virtuelles Onboarding branchenübergreifend an Aktualität gewonnen. Die damit einhergehenden Anforderungen müssen an anderer Stelle separat betrachtet werden.


Fazit

Neben diesen Prozessen und Maßnahmen sollten in der Praxis auch die Kontrolle und die Evaluation von Onboarding-Prozessen nicht zu kurz kommen. Gerade vor dem Hintergrund, dass 59 Prozent der Unternehmen laut einer Haufe-Umfrage (Haufe, 2020) bisher keine spezifischen Kennzahlen erheben, sind solche Überlegungen hinsichtlich der Effektivitäts- und Effizienzbeurteilung dieser Einarbeitungsprozesse für Fitnessstudiobetreiber und Gesundheitsunternehmer sinnig und notwendig.

Onboarding mit System

Beispielhafte Kennzahlen, die hier erhoben werden sollten, können von den Zielen abgeleitet werden, die mit Onboarding verfolgt werden: z. B. sein Wissen gern intern einzubringen und sich weiterzuentwickeln, sich loyal gegenüber dem Unternehmen zu verhalten und dieses gern als attraktiven Arbeitgeber weiterzuempfehlen.

Ein strukturiertes Onboarding-System bringt somit viele Vorteile mit sich, weshalb sich Unternehmen im Fitness- und Gesundheitsmarkt bezüglich der Einarbeitung, der Personal(weiter-)entwicklung sowie des Employer Brandings künftig – deutlich intensiver als bisher – mit diesen Ansätzen auseinandersetzen sollten.


 

Über den Autor

Prof. Dr. Oliver Schumann ist für die Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) und die BSA-Akademie als Dozent, Tutor und Autor tätig. Die Schwerpunkte seiner Professur liegen in den Bereichen Strategisches Management, Neurokommunikation und Sportökonomie.


Auszug aus der Literaturliste

Aberdeen Group. (2012). Onboarding: The Missing Link to Productivity. Zugriff am 21.03.2021. 
Colbus, A. & Drack, C. (2020). Warum Employer Branding immer wichtiger wird. medical fitness und health (2), 44–66.
Mächler, A. (2020). Führungskräfte von morgen ausbilden. fitness MANAGEMENT international 151 (5), 38–41.

Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.

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