Management, Markt | Autor/in: fM Redaktion |

Mathias Schilling, Geschäftsführer Sport-Park Betriebs-GmbH, im Interview: „Die Attraktivität als Arbeitgeber muss von innen heraus wachsen.“

Der Fachkräftemangel macht sich teilweise dramatisch bemerkbar. Mathias Schilling, Geschäftsführer Sport-Park Betriebs-GmbH, fehlt es an Physiotherapeuten, Fitnesstrainern, Rezeptionskräften, Auszubildenden und Aushilfen. Er ist aber zuversichtlich durch gute Mund-zu-Mund-Propaganda, einem starken Netzwerk und mit einer Positionierung als seriöser Arbeitgeber in eine bessere Situation zu kommen.

Im Interview stellt Mathias Schilling die Lösungsstrategien der Sport-Park Betriebs-GmbH für den Fachkräftemangel vor

fM: Wie macht sich der Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen bemerkbar und welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Ihre Studios?

Mathias Schilling: Wir stellen laufend Mitarbeitende ein, in allen Bereichen und allen Beschäftigungsverhältnissen – aber leider viel weniger als wir tatsächlich benötigen. In allen Bereichen haben wir einen großen Bedarf an Aushilfskräften im Mini-Job-Bereich.

Der Fachkräftemangel macht sich teilweise dramatisch bemerkbar. Uns fehlen jede Menge Physiotherapeutinnen und -therapeuten. Wir könnten in unseren fünf Physiopraxen vom Fleck weg fünf bis zehn volle Stellen besetzen. Uns fehlen Fitnesstrainer, uns fehlen Rezeptionskräfte, uns fehlen Auszubildende und uns fehlen Aushilfen.


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Wir kompensieren das, indem alle ein Stück mehr arbeiten oder mitwirken müssen und flexibel aushelfen, wo es gerade „brennt“. Es wird häufiger mal eng, vor allem, wenn Mitarbeitende krankheitsbedingt ausfallen. Das geht zulasten der verfügbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Leitungskräfte.

Das heißt, auch die Führungskräfte müssen deutlich mehr einspringen und zusätzliche Stunden leisten. Wir haben aktuell weder Puffer noch Reserven. Wobei wir noch weit davon entfernt sind, in die Überstundenfalle zu laufen.

Seit wann nehmen Sie diese Entwicklung wahr?

Diese Entwicklung hat sich schon vor Corona angebahnt. Zum Beispiel hat der Andrang von Bewerbern für duale Studiengänge oder Ausbildungen für Sport- und Fitnesskaufleute nachgelassen. Zunächst machte sich bemerkbar, dass Bewerbungen immer kurzfristiger eingingen und immer weniger wurden.

Es hielt sich aber noch in Grenzen. Seit der Pandemie erleben wir einen rapiden Abfall bei der Anzahl der Bewerbungen und leider auch bei der Qualität der Bewerberinnen und Bewerber, deren Vorstellung von der Tätigkeit in unserer Branche unausgegoren ist und auch für Überraschungen sorgt.


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Die Einstellung der Kandidaten hat sich verändert. Die Bereitschaft, sich mit der Tätigkeit auseinanderzusetzen, Zeit zu investieren und die Geduld, Tätigkeiten zu wiederholen, um besser zu werden, hat nachgelassen.

Mit welcher Strategie und welchen Lösungen arbeiten Sie im Recruiting und Personalmanagement an diesen Herausforderungen?

Der Arbeitsmarkt ist für Arbeitgeber sehr komplex geworden und ist hart umkämpft. Es gilt darum, die Einstiegsstufe für Bewerberinnen und Bewerber so niedrig wie möglich zu gestalten. Wir versuchen mit unseren Auszubildenden intensiv zu arbeiten, ihnen viel beizubringen, sie zu motivieren sowie ihnen alle Möglichkeiten und die ganze Bandbreite des Jobs näher zu bringen.

Unser Ziel ist, dass – ähnlich wie bei Trainingserfolgen der Mitglieder – glückliche Kunden andere Kunden anwerben. Wir glauben, dass im Umfeld der Auszubildenden andere davon hören, dass der Sport-Park Auszubildende fair und gut behandelt, sehr gut ausbildet und ihnen eine attraktive Zukunftsperspektive bietet.

Inzwischen haben wir den einen oder anderen Bewerber aus diesem Umfeld bei uns. Wir rekrutieren vor allem regional. Man kennt uns hier in der Region seit 1977 als langjährigen Arbeitgeber im Markt. Aber wir müssen weiter unsere Arbeitsweise optimieren, um in eine Situation zu kommen, in der wir als Arbeitgeber in der Region so anerkannt sind, dass sich mehr Leute bewerben und unbedingt bei uns arbeiten wollen.

Wichtig ist, neben einem angemessenen Gehalt deutlich mehr für die Teammitglieder zu tun. Sich als attraktiven Arbeitgeber besser zu positionieren und zu qualifizieren, muss von innen heraus wachsen. Dabei unterstützt uns ein externer Unternehmenscoach, was sich für uns als sehr hilfreich erweist.

Ich sehe uns auf einem guten Weg, mit einer guten Mund-zu-Mund-Propaganda, Weiterempfehlungen und einem starken Netzwerk in eine bessere Situation zu kommen.

Wie präsentieren Sie Ihr Unternehmen als attraktive Arbeitgebermarke? Auf welchen Karrierenetzwerken bzw. Jobplattformen sind Sie aktiv?

Wir nutzen die gängigen Social-Media-Kanäle und Online-Portale. Auf unserer Website schreiben wir die Stellen aus und bekommen darüber auch Bewerbungen. Wir arbeiten mit den großen Ausbildungsinstituten und Hochschulen der Branche zusammen, die uns häufig Bewerberinnen oder Bewerber weiterleiten und kommen auch über die Portale der Institute in Kontakt mit Bewerberinnen und Bewerbern.


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Solche Netzwerke sind wichtig, um Mitarbeitende zu gewinnen und zu halten, aber auch, um zu sehen, was andere machen.

Welche Maßnahmen und Tools haben sich im Recruiting Ihres Unternehmens bewährt?

Social Media, Online-Portale, der gute Kontakt zu unseren Bildungspartnern und unser Netzwerk, sind die Tools, die sich als Gesamtpaket bewähren und die wir fortlaufend optimieren. Wenn Stellen frei sind und wir das auf allen Kanälen veröffentlicht haben, wird das Angebot auch innerhalb des Hauses auf unserer internen Kommunikationsplattform sowie auch auf den Bildschirmen veröffentlicht.

Unsere Kundinnen und Kunden haben alle Angehörige, Familie, Freunde und kennen Leute, die Jobs suchen.

Was kann die Fitness- und Gesundheitsbranche insgesamt unternehmen, um sich angesichts des Fachkräftemangels noch besser aufzustellen?

Dazu gehören viele Aspekte. Nach wie vor ist entscheidend, dass unsere Branche, die so bunt und so vielseitig ist, als seriöser Arbeitgeber erkannt wird. Wir sind durch Corona angeschlagen, weil wir im Lockdown waren und andere Firmen nicht schließen mussten.

Das bleibt natürlich hängen, wenn jemand einen sicheren Arbeitsplatz sucht. Deshalb bin ich extrem froh darüber, dass wir den DSSV und die Expertenallianz haben, die viel für unsere Lobby tun und unsere Position als Präventions- und Gesundheitsanbieter stärken.


Über den Interviewpartner

Mathias Schilling, Jahrgang 1966, absolvierte eine Ausbildung zum Industriekaufmann und studierte anschließend an der Deutschen Sporthochschule Köln. Nach seinem Abschluss als Diplom-Sportlehrer, Schwerpunkt Rehabilitation und Behindertensport, arbeitete er von 1993 bis 2002 als Fitnesstrainer und Studioleiter für den Sport-Park Landwehr.

Von 2003 bis 2013 war er für Hersteller der Fitnessindustrie tätig, zunächst in der Markenentwicklung, später im nationalen und internationalen Marketing. 2014 kehrte er als Betriebsleiter zur Sport-Park Betriebs-GmbH zurück und ist 2023 einer der beiden Geschäftsführer der Gruppe.

Die Sport-Park Betriebs-GmbH betreibt in Solingen, Hilden und Mönchengladbach drei Sport-Parks – multifunktionale Anlagen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, z. T. inkl. Gastronomie mit Restaurant, Freizeit- und Kinderbereichen, Trampolinparks in zwei Anlagen sowie zusätzlich fünf Physiotherapieeinrichtungen.


Aber alle Branchenangehörige müssen ihren Beitrag leisten. Die Verbände können noch so viel kommunizieren, wenn es in den Anlagen nicht gelebt wird. Für inhabergeführte Studios ist es in jedem Fall eine Riesenchance, sich so zu positionieren, dass sie als seriöser Arbeitgeber wahrgenommen werden und dementsprechend seriöse Bewerbungen bekommen – von Menschen, die ihre Aufgabe darin sehen, andere Menschen zu mehr Gesundheit zu bewegen.

Wir haben in unseren Anlagen festgestellt, dass in den Bereichen, wo wir weniger Coachingmaßnahmen durchführen, die Kündigungsquoten deutlich höher sind als in dem Bereich, in dem Trainerinnen und Trainer unsere Kundschaft permanent begleiten und wo etwas mehr gezahlt wird.

Fachkräftemangel auf der einen, Migration auf der anderen Seite – inwieweit ist ein Umdenken hinsichtlich einer langfristigen Personalplanung notwendig? Welche Herausforderungen ergeben sich für Betreiberinnen und Betreiber von Fitness- und Gesundheitsanlagen, z. B. im Umgang mit Fremdsprachen und dem Verständnis für kulturelle Vielfalt?

Wir haben vor allem im Kursbereich schon seit Jahrzehnten immer internationale Presenter, weil unsere Kunden das mögen. Seit Dezember 2022 haben wir einen Kursleiter aus Peru neu im Team. Er war vor eineinhalb Jahren für ein paar Wochen zum Schnuppern hier, es hat ihm sehr gut gefallen und wir haben ihm eine Perspektive geboten.

Zuhause hat er einen Deutschkurs belegt und im vergangenen Herbst abgeschlossen. Seit Dezember ist er in Deutschland und bei uns beschäftigt. Wir haben ihn hierhergeholt, uns um eine Wohnung und die Einreiseformalitäten und alles Mögliche gekümmert.

Einer unserer Fitnesstrainer kam auch als Kursleiter aus Griechenland. Er hat seine Freundin mitgebracht, hat hier geheiratet und spricht inzwischen sehr gut Deutsch. Er absolviert ein duales Studium zusätzlich zu seiner Ausbildung aus Griechenland.

Unser Kurskoordinator stammt aus Argentinien. Er spricht perfekt Deutsch, hat aber wieder eine andere Mentalität und eine andere Emotionalität. Alle drei sind eine absolute Bereicherung für unser Team und machen das Arbeiten bunter.

Welchen Stellenwert haben die Qualifikation Ihrer Mitarbeitenden und deren Weiterbildung in Ihrem Unternehmen? Haben Sie für Ihre Studios Prozesse etabliert, um das Know-how Ihrer Mitarbeitenden auf dem neuesten Stand zu halten? Wie haben Sie diese ausgestaltet?

Qualifikation spielt insbesondere dann eine Rolle, wenn man sich nicht nur im Basicbereich aufhält, sondern mehr Leistung bieten will. Wir arbeiten immer mit voll ausgebildeten Sportlehrern oder Sportwissenschaftlern zusammen, also dual Studierenden oder Absolventen.

Entweder bilden wir selbst aus und übernehmen sie – oder freuen uns über Bewerbungen. Seit Herbst 2022 entwickeln wir eine eigene Online-Mitarbeiterakademie. Dort werden alle wichtige Arbeitsabläufe hinterlegt und mit anschaulichen Videos erklärt.


Weitere Interviews und Hintergründe

In weiteren Beiträgen und Interviews sprechen Prof. Dr. Axel PlünneckeOliver Walle und Henrik Gockel (PRIME TIME fitness) über Lösungsstrategien zum Fachkräftemangel. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Fachkräftemangel' als Einstieg zu den Artikeln.

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In Zukunft kann sich jemand online schon vor Arbeitseintritt die wichtigsten Videobeiträge zum zukünftigen Job anschauen, dort auch Tests machen und sich qualifizieren, um nicht völlig unreflektiert an den Arbeitsplatz kommen. Abteilungsleiter sehen, wer sich womit auseinandergesetzt hat und wir können über eine Software Prüfungen durchführen.

Sie beschäftigen zahlreiche dual Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen der DHfPG: Welche Vorteile und Synergieeffekte bringt das duale Studiensystem für Sie als Ausbildungsbetrieb mit sich?

Wie könnten wir jemanden im Arbeitsumfeld besser kennenlernen, als mit dem dualen Studiensystem, das 30 Stunden die Woche betriebliche Tätigkeit bietet? Wir können die dual Studierenden während ihrer Ausbildung mit auf die Reise nehmen, wenn sie wollen.

Wir bilden sie aus und spezialisieren sie auf unsere DNA. Das ist ein Riesenvorteil. Also ich würde vom Fleck weg so viele dual Studierende einstellen, wie es gerade geht. Wir rekrutieren Festangestellte aus den dual Studierenden, deshalb sind sie so wichtig für uns.

Welche Tipps geben Sie jungen Menschen in der Fitness- und Gesundheitsbranche, die sich momentan fortbilden, eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren und ihre Karriere noch vor sich haben?

Es gehört in unserer Branche dazu, dass man den Lifestyle versteht und selbst lebt. Dazu gehört auch das Verständnis, dass Menschen in ihrer Freizeit trainieren. Die Freizeit der Menschen, die in Fitnessstudios und in Gesundheitseinrichtungen kommen, ist unsere Arbeitszeit.

Die Arbeit am Wochenende oder am Abend gehört dazu, ist aber kein Dauerzustand. Wir als Arbeitgeber sind gefragt, Leistung und Gegenleistung in der Waage zu halten und die Arbeitsplätze attraktiv zu gestalten, während die Mitarbeitenden das richtige Mindset mitbringen müssen. Man hat in unserer Branche eine große Chance, einen guten, ordentlich bezahlten und vor allem erfüllenden Arbeitsplatz zu bekommen.

Diesen und weitere Artikel finden Sie in der fMi 03/2023 & für Abonnenten EXKLUSIV vorab.

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