fM: Das Artemis Fitness ist ein Studio nur für Frauen. Warum verfolgen Sie genau dieses Konzept?
Melanie Lassotta: Ich habe lange in konventionellen Studios gearbeitet und es ist einfach so, dass Frau sich unter Umständen beobachtet und bewertet fühlt. Ich wollte allen Frauen, auch denen, die sich in ihrem Körper noch sehr unwohl und unsicher fühlen, einen geschützten Raum bieten.
Im Artemis ist es egal, ob du die neuesten und hipsten Klamotten trägst oder Leggins aus den Neunzigern, ob du gestylt bist oder natürlich bleibst. Es gibt keine abcheckenden Blicke – jede ist schön, wie sie ist!
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Viele Frauen brauchen ein bisschen mehr Motivation und Unterstützung; das können wir authentisch rüberbringen, da wir alle diese Wünsche nachvollziehen können. Aus unternehmerischer Sicht ist es schwer, als inhabergeführtes Studio am Markt zu bestehen, vor allem bei der Dichte an Fitnessketten mit sehr günstigen Preisen.
Daher ist es wichtig, eine Nische zu finden und die Kundinnen abzuholen, die das gewisse Etwas suchen, sei es Betreuung, Exklusivität oder Design.
Wie lange gibt es das Artemis Fitness schon und wie ist der Zuspruch?
2017 habe ich die MuKiBude gegründet, ein Frauenfitnessstudio mit Schwerpunkt auf prä- und postnatalem Training mit integrierter Hebammenpraxis. Das Konzept war sehr beliebt und schnell wurde klar, dass ich expandieren musste.
Der Plan war, ein zweites Studio zu eröffnen, das Frauen die Möglichkeit bietet, im Anschluss an die Babyzeit weiterhin in geschützter Atmosphäre Sport zu treiben. Von 120 Quadratmetern haben wir uns auf knapp 400 Quadratmeter vergrößert.
Im kleineren Kursstudio sollte der Schwerpunkt auf Mutter-Kind liegen und im größeren Studio ein voll ausgestattetes Fitnessstudio für alle Frauen laufen. Im März 2020 wurde die neue Filiale eröffnet, ausgestattet mit Trainingsfläche, Kursräumen und großer Kinderbetreuung.
Über unsere Interviewpartnerin
Melanie Lassotta
Die Inhaberin von Artemis Fitness, einem reinen Frauenstudio, ist seit 2001 in der Branche tätig und hat diverse Weiterbildungen im Kurs- und Trainingsbereich absolviert (u. a. A-Lizenz, Reha). Seit 2011 setzt sie ihren Fokus auf spezielle Frauenthemen wie Prä- und Postnataltraining sowie Reha- und Beckenbodentraining.
Dazu hat sie verschiedene Weiterbildungen in Sachen Hormoncoaching, Frauenheilkunde und Ernährungsberatung absolviert. Zurzeit befindet sie sich in der Ausbildung zur Heilpraktikerin. 2017 eröffnete sie die heute geschlossene MuKiBude, der 2020 das Artemis Fitness folgte.
Dann kam Corona und wir mussten schließen. Das Kursstudio konnte aufgrund der Auflagen nicht eröffnet werden und der Betrieb in der MuKiBude lief sehr schleppend, da in den Köpfen 'Mutter-Kind-Fitness' verankert war.
Wir schleppten uns durch die Corona-Zeit. 2023 war klar, dass eine Veränderung hermusste, weil das Konzept MuKiBude nicht mehr aufging. Zum 1. Januar 2024 gab es ein großes Rebranding. Das war die beste Entscheidung. Der Zuspruch stieg um 60 Prozent und langsam haben wir die zwei durch Corona verlorenen Jahre aufgeholt.
Kommen die Mitglieder eher über persönliche Empfehlungen oder über Marketingmaßnahmen zu Ihnen?
Wir leben hier auf dem Dorf und es dauert ein wenig, bis man wahrgenommen wird. Seit dem Rebranding ist das aber ein Selbstläufer. Die Frauen gehen draußen vorbei und kommen dann einfach mal rein.
Viele kommen jedoch auch über persönliche Empfehlungen unserer Kundinnen, einige hören Werbung im nahegelegenen Supermarkt und natürlich kommen sie auch über unsere Social-Media-Kanäle.
Was ist bei Ihnen anders als in „gemischten“ Fitnessstudios in Bezug auf Ansprache, Betreuung, Tools und Maßnahmen?
Wir haben eine sehr persönliche Betreuung und familiäre Atmosphäre. Unsere Trainerinnen und Servicekräfte sind authentisch. Von jung bis alt ist alles dabei, sodass sich alle Frauen mit uns und Artemis identifizieren können
Es gibt bei uns kein Self-Check-in oder Drehkreuz, keine automatischen Türöffner usw., wir begrüßen die Frauen persönlich und kennen jede mit Namen. Wir betreuen die Frauen so, wie sie es brauchen – individuell und engmaschig.
Jede erhält ihren individuellen Trainingsplan nach vorangegangener Körperfettanalyse und Anamnese. Wir bestimmen die Ziele gemeinsam und erstellen einen Ernährungsplan. Dieser Prozess wiederholt sich alle drei Monate.
Weitere Interviews und Hintergründe
In weiteren Interviews sprechen Tim Suchland, Ayhan Türküm und Rita De Pippo-Albrecht über Kundenorientierung. Lesen Sie außerdem unseren Artikel 'Customer Centricity' als Einstieg zu den Interviews.
Indem Sie auf das entsprechende Bild oberhalb dieses Textes klicken, gelangen Sie direkt zum jeweiligen Artikel.
Durch unsere langjährige Erfahrung und unser Fachwissen können wir die hormonellen Veränderungen im Laufe des Lebens mit einbeziehen und die Themen Nährstoffe und Supplements einfließen lassen.
Die Steuerung läuft über unsere Studio-App, so können unsere Kundinnen ihre Fortschritte dokumentieren und wir passen entsprechend der Progression die Trainings- und Ernährungsplanung an.
Setzen Sie mit den Mitgliedern eine Feedbackkultur um?
Absolut! Kein Frauenfitnessstudio kommt ohne großes Kursangebot aus und hier stimmen wir uns alle drei Monate mit unseren Kundinnen ab. Es gibt dann eine Umfrage und aufgrund der Wünsche oder Kritik passen wir die Kurspläne oder auch die Öffnungszeiten regelmäßig an.
Wie wird der Community-Gedanke bei Ihnen gelebt?
We are family! Wir sitzen alle in einem Boot, das ist nicht nur für unsere Kundinnen toll, sondern auch für mich und meine Mitarbeiterinnen. Wir verstehen uns alle fast blind. Auch für mich als Inhaberin und Chefin ist es toll, solch einen Zusammenhalt und solch ein Verständnis zu spüren.
Wir Frauen haben doch alle die gleichen Themen: Familie und Beruf unter einen Hut bringen und ohne schlechtes Gewissen noch zum Training gehen. An einem Tag fühlst du dich wie Superwoman, am nächsten wie ein Häufchen Elend – wir verstehen uns und können so ohne schlechtes Gewissen oder Leistungsdruck arbeiten, trainieren und uns gegenseitig unterstützen.
Sie bieten Fitness für jede Frau in jedem Alter. Wo liegt der Schwerpunkt Ihres Angebots und wie passen die verschiedenen Altersgruppen zusammen?
Unser jüngstes Mitglied ist 14 und unser ältestes 81 Jahre alt. Allein die beschriebene Gemeinschaft unter Frauen, egal wie alt, ist ein Grund, weshalb meine 74-jährige Mutter im gleichen Kurs wie die 32-jährige Prokuristin steht. Wir unterstützen uns und finden es toll, wenn die Jungen von den Alten lernen und umgekehrt.
Unser Schwerpunkt liegt definitiv auf der Individualität – jede Frau wird dort abgeholt, wo sie steht. So kann z. B. meine Mutter eine sanfte Kniebeuge machen, während die 32-Jährige Split Jumps macht.
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Im Kursbereich lässt sich Individualität gut integrieren, man muss nur aufmerksame, erfahrene Kurstrainerinnen haben. Unsere Ansage lautet: „Alles kann, nichts muss“. Auf der Trainingsfläche hat jede Frau ihren eigenen Trainingsplan. Während der Pausen kann man auch ein Schwätzchen halten, hier trägt nicht jeder Kopfhörer.
Lassen sich die Kundinnen heute überhaupt noch in klassische Altersgruppen unterteilen oder sollten Betreiberinnen ihre Zielgruppen neu denken?
Ich kann natürlich nur für die Zielgruppe Frau sprechen. Bei uns wird sehr schnell deutlich, dass es eine Sache der Betreuung und der Kommunikation durch das Team ist.Wir behandeln alle gleich, sehen jeweils die einzelne Frau und nicht das Alter und legen den Fokus auf ihre momentane Lebens- und Gesundheitssituation.
Gibt es noch Kurse für Schwangere oder zur Rückbildung? Kooperien Sie dafür mit Ärztinnen und Hebammen?
Wir arbeiten noch immer mit Hebammen zusammen und es gibt zweimal wöchentlich noch einen Rückbildungskurs. Durch meine beratende Arbeit in Sachen Hormone, Wechseljahre und Lebensstil arbeite ich auch mit Ärztinnen zusammen.
Zurzeit befinde ich mich außerdem in der Ausbildung zur Heilpraktikerin, um mein Angebot noch auszubauen. Ich sehe die Frauen und ihre Themen und ich träume von einer Rundumbetreuung. Spezielle Kurse für Schwangere oder Mutter-Kind-Kurse laufen inzwischen bei uns nicht mehr. Die Nachfrage ist zu gering.
Sollte ein Frauenfitnessstudio spezielle Zusatzangebote bieten, um die Bedürfnisse der Mitglieder zu erfüllen?
Ich sehe Kinderbetreuung nicht mehr als notwendiges Zusatzangebot an. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Frauen gern einmal etwas für sich allein tun wollen und dürfen.
Sie genießen es, diese eine Stunde mal nur Frau zu sein. Generell ist Individualität sehr wichtig, da Frauen nun mal zyklus- und lebensabschnittsbedingt unterschiedliche Leistungshochs und -tiefs haben.
Die Tücken des Alltags sollten in eine Planung genauso integriert werden wie eine sinnvolle Trainingsplanung. Frauen müssen trainieren wie Frauen und nicht wie kleine Männer. Daher sehe ich eine ganzheitliche Betreuung und Trainingsplanung als Schlüssel zum Erfolg, nicht nur 30-Minuten-Zirkeltraining und Tanzkurse für alle.
Hat es bei Ihrer Zielgruppe und deren Trainingszielen in den letzten Jahren Veränderungen gegeben?
In Zeiten der Mutter-Kind-Kurse war vor allem Abnehmen das große Thema, inzwischen wünschen sich die Frauen einen ausgeglichenen Lifestyle. Müdigkeit, Antriebslosigkeit und Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sind die größten Themen.
Und natürlich wollen wir alle immer noch einen tollen Po und einen flachen Bauch haben. Die meisten von uns freuen sich aber einfach über das gemeinsame Sporttreiben und einen fitten, leistungsstarken Frauenkörper.
Welche Qualifikationen sind für Ihr Team besonders wichtig?
Natürlich ist eine Basisausbildung in Sachen Anatomie und Physiologie des Körpers wichtig – je nachdem, in welchem Bereich du eingeteilt bist. Wir bilden uns regelmäßig fort und ich führe regelmäßig mit dem Team Inhouse-Schulungen mit Gastdozenten und -dozentinnen zu verschiedenen Themen durch.
Es gibt bei uns aber auch Spezialistinnen für Reha, Muskelaufbau oder Lifestyleberatung. Um Sicherheit während des Trainings an den Geräten zu bieten, haben auch unsere Servicekräfte eine Basisschulung erhalten. Das Wichtigste ist jedoch, selbst zu trainieren und authentisch zu sein.
In welchen Trainingsformen und -angeboten steckt das größte Potenzial für die Zukunft?
Es geht wieder in Richtung ganzheitliche Beratung. Die Massenabfertigung via standardisierten Trainingsplänen ist vorbei, die Kundinnen brauchen individuelle Betreuung. Abwechslungsreiche Kurspläne und sinnvolle Trainingsplanung über mindestens ein Jahr sollten in den Vordergrund rücken.
Digitalisierung in Form von Apps oder Wearables, die die Leistung tracken und kleine Challenges ermöglichen, sind wichtig: Sportlerinnen messen sich gern und eine Challenge macht es leichter, sich durchzubeißen, wenn es drauf ankommt.