Manchmal braucht es im Leben einen Zufall, um endlich einen Traum zu verwirklichen. Den Wunsch, ein Fitnessstudio zu eröffnen, hatte Sebastian Radunski bereits 2014.
Damals betrieb er noch eine Autofirma und es blieb bei einer vagen Idee. „Etwa so, wie wenn man in ein Restaurant geht und denkt, es wäre cool, selbst mal eine Kneipe zu eröffnen“, sagt der Geschäftsführer des Project Fit.
Er nahm zwar Kontakt zu einem großen Franchisegeber auf und informierte sich bei anderen Studiobetreibern, verwarf die Franchiseidee aber schnell wieder, da er mehr Freiheiten haben wollte.
Vom Zufall zur Chance
Sebastian Radunski trainiert schon seit seiner Jugend sehr ambitioniert. Beim Krafttraining im easy sports hörte er zwei Jahre später zufällig, dass dieses Studio verkauft werden sollte.
„Die Anlage war ziemlich abgerockt, aber ich habe sofort gedacht: Ich kaufe das jetzt, da habe ich Bock drauf.“
Die Verhandlungen starteten im April 2016 und gestalteten sich zäh, erst gut anderthalb Jahre später übernahm Sebastian Radunski das Studio gemeinsam mit Melissa Weber als Studioleiterin. Am 1. Dezember 2017 wurde neu eröffnet.
Der Anfang war hart, die Bedingungen schwierig. Die Anlage war in die Jahre gekommen und musste komplett renoviert werden.
Optik, Geräte, Infrastruktur und technischer Standard – alles nicht mehr zeitgemäß, stattdessen gab es teure Leasingverträge und altes Equipment. „Wir haben in einer alten Fabrikhalle eigentlich bei null angefangen“, erzählt Sebastian Radunski.
Als Quereinsteiger aus der Automobilbranche und der Altenpflege mussten sich die beiden erstmal alles selbst beibringen.
Hinzu kam, dass der vorherige Clubleiter das Studio selbst hatte kaufen wollen, es sich aber nicht hatte leisten können.
Aus Solidarität kündigte das gesamte Team bis auf einen Auszubildenden. „Sie haben es als feindliche Übernahme verstanden und waren kein bisschen kooperativ“, so der Geschäftsführer.
Die Verträge waren nicht digitalisiert, sofort trudelten etwa 200 Kündigungen der Mitglieder ein. Parallel wurde in der Nähe ein topmoderner Discounter als unmittelbare Konkurrenz eröffnet.
Mit den verbleibenden rund 600 Mitgliedern war das Studio nicht profitabel.
Neubeginn und ganz viel Einsatz
Doch allen Widrigkeiten zum Trotz startete das Duo durch. Zuallererst ließen sie das Studio in Anthrazit und Grau streichen, was zusammen mit den vorhandenen ADLIGHTS-Lampen und einer Deckenhöhe von sieben Metern für ein cooleres Ambiente sorgte.
Gleich in der ersten Woche bestellte der neue Studiobetreiber viele Life Fitness-Geräte von Hammer Strength. Die zweite Anschaffung war ein Ausziehsofa.
„Im ersten halben Jahr haben Melissa und ich das Studio nur mit zwei Minijobbern und einem Azubi betrieben. Wir haben von morgens um 8 Uhr bis nachts um 24 Uhr gearbeitet, um hier alles voranzubringen und oft auch im Studio geschlafen.“
Weil die Konkurrenz bis Mitternacht geöffnet hatte, verlängerten sie ihre Öffnungszeiten von 22 auf 24 Uhr. Dadurch konnten die bisherigen Putzkräfte nicht mehr bei ihnen arbeiten.
Ein halbes Jahr lang putzten die beiden nach Mitternacht noch zwei Stunden lang selbst und lebten mit zwei Hunden, einem Chihuahua und einem Staffordshire Terrier, mehr oder weniger im Studio.
Das Engagement zahlt sich aus. Angeboten wird nun klassisches Kraft- und Gesundheitstraining sowie zwölf Kurse pro Woche, außerdem professionelle Trainings- und Ernährungsberatung durch lizenzierte Trainer.
Rehasport bietet das Project Fit bewusst nicht an. Schon 2020 hatte sich die Zahl der Mitglieder verdoppelt, heute hat sie sich fast verdreifacht.
Inzwischen arbeiten hier 17 Mitarbeitende, davon zwei Studierende. Zehn freie Mitarbeiter kümmern sich um den Service, die Trainingsfläche und die Kurse.
„Wir sind ein tolles Team und lassen uns auch bei Partys nicht lumpen“, sagt Sebastian Radunski. „Das machen wir richtig gut.“
Über die Unternehmer
2017 übernahm Sebastian Radunski das Project Fit gemeinsam mit Melissa Weber. Als Inhaber kümmert er sich um die Geschäftsführung und das Marketing des Studios. Sebastian Radunski ist zwar sehr fitnessaffin und macht seit vielen Jahren Krafttraining, kam jedoch als Quereinsteiger in die Branche. Er absolvierte Ausbildungen zum Medizinischen Fachangestellten und Mediengestalter, bevor er sich in der Automobilbranche mit Carbonteilen für Premiummarken, wie z. B. Ferrari, und Car Wrapping selbstständig machte. Mit der Eröffnung des Fitnessstudios 2017 erfüllte er sich einen lang gehegten Traum.
Im Project Fit ist Melissa Weber für die Administration zuständig. Sie übernimmt die Studio- und Teamleitung, außerdem die Mitgliederverwaltung und Buchhaltung. Ursprünglich lernte sie Altenpflegerin und arbeitete auch in diesem Bereich. Seit zwei Jahren macht sie zusätzlich zu ihrem Job im Fitnessstudio eine Ausbildung zur Heilpraktikerin an der Paracelsus Heilpraktikerschule.
Erfolgreiche Marketingstrategie
Mit sehr provokantem Marketing hat sich das Studio schnell einen Namen gemacht. „Social Media macht mir Spaß. Ich bin gern vor der Kamera, halte mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg und habe auch mal Sprüche gebracht: ‚Wenn du nicht an den Geräten anstehen willst wie in Tokio an der U-Bahn, dann komm doch zu uns.‘ Das fanden die Leute witzig“, sagt Sebastian Radunski.
Er nutzt vor allem Instagram und kommt bei der Hauptzielgruppe, jungen Leuten zwischen 18 und 35 Jahren, sehr gut an. Auch viele ältere Mitglieder trainieren im Studio.
„Unser Publikum ist toll. Die jungen Leute haben oft ein großes soziales Umfeld und bringen noch einen Kumpel oder eine Freundin zum Training mit. Wenn sie auf Insta ihre eigenen Trainingsstorys posten, machen sie damit die beste Werbung für uns“, sagt Melissa Weber.
Bis zu 1.000 Menschen schauen sich die Social-Media-Posts an, das ist viel für eine kleine Stadt wie Balingen mit circa 35.000 Einwohnern. 2.300 echte Follower hat das Project Fit. Alle Highlights werden medial aufbereitet.
„Seit 2018 haben wir alle drei Monate einen echten Knaller angekündigt: 2018 die neuen Öffnungszeiten, 2019 einen Anbau über 300 Quadratmeter mit Functional Area, 2020 den neuen Cardio- bereich, außerdem den milon Zirkel und die Sauna“, sagt der Inhaber.
„Wir posten auch, wenn wir bei Matrix Geräte im großen Stil gekauft haben, die erst in sechs Monaten geliefert werden. Dann können sich unsere Mitglieder schon mal darauf freuen.“
Mut zum Risiko
Da das Project Fit in den ersten zwei Jahren so gut anlief, war stets viel Geld für die Weiterentwicklung und neue Investitionen vorhanden.
Umso härter trafen die beiden Lockdowns den Betreiber. Dank fairer Ergänzungsvereinbarungen blieben die meisten Mitglieder im ersten Lockdown dabei. Trotzdem war Sebastian Radunski frustriert.
„Da habe ich mich mal vier Wochen nicht rasiert und sah aus wie ein Waldschrat. Dann habe ich mich aufgerappelt, mir zweimal ‚Rocky‘ angeschaut und gesagt: ‚Jetzt erst recht!‘“
Der Versuch, während des zweiten Lockdowns medizinisches Gerätetraining anzubieten, wurde von den Behörden untersagt.
Während dieser Zeit verliehen die Betreiber Equipment an die Mitglieder und gaben Online-Kurse. Trotzdem kündigten wie überall ab Januar sehr viele Mitglieder. Insgesamt war 222 Tage geschlossen.
Davon ließen sich die beiden aber nicht beirren. Sie nutzten die Schließzeit, um noch einmal großangelegt zu sanieren.
In Eigenleistung wurden die gesamte Elektrik plus Deckenbeleuchtung erneuert und Ventilatoren installiert, außerdem ein großer Cardiopark mit 35 Geräten sowie ein milonizer 3.0 und ein milon Zirkel angeschafft.
Die Sanierung wurde in letzter Minute fertig: Bevor am 2. Juni 2021 endlich wiedereröffnet werden durfte, wurde nachts noch der Bodenbelag verlegt.
Ein Testzentrum auf dem Gelände half dem Studio nach der Wiedereröffnung, sich finanziell zu regenerieren.
„Das hat uns durch die Zeit gerettet. Wir waren sehr gradlinig und haben uns strikt an die Anordnungen gehalten. Auf meine Initiative hin hat hier auch mein Hausarzt geimpft. Dafür habe ich allerdings Hassmails und sogar Morddrohungen aus der Bevölkerung erhalten“, erzählt der Inhaber.
Familiär, fair und vernetzt
Dieser Schock ist längst überwunden. Sebastian Radunski bleibt seinen Vorsätzen treu, die Mitglieder immer fair zu behandeln und offen für Kritik zu sein.
Die Atmosphäre im Project Fit ist familiär und herzlich. Um dauerhaft rentabel zu sein, musste er die Preise inzwischen um etwa 20 Prozent anheben, dafür ist das Angebot heute viel breiter als zu Beginn. Zudem zählt das Studio in Balingen weiter zu den günstigsten Anbietern.
Die Konkurrenz ist groß – zehn große Studios werben um etwa 35.000 Einwohner. „Ich verfolge die Vision eines bezahlbaren Premiumclubs“, sagt er. „Normale Leute“ sollen sich bei ihm Fitness zu erstklassigen Bedingungen leisten können.
Diese Idee kommt auch den örtlichen Vereinen zugute. In Balingen ist Handball ein sehr wichtiges Thema, der HBW Balingen-Weilstetten spielt in der 2. Bundesliga.
Praktischerweise liegt die Trainingshalle der Handballer direkt gegenüber. Das Project Fit bietet dem Verein günstige Sonderkonditionen an, sodass gleich vier Mannschaften hier im Fitnessstudio trainieren, für die auch immer wieder spezielle Kurse stattfinden.
Im Gegenzug macht das Studio Promotion in der Halle und auf den Trikots und führt bei den Spielen regelmäßig Aktionen durch.
Außerdem trainieren hier zwei Fußballmannschaften. Melissa Weber sagt: „Wir sehen dieses Engagement gleichzeitig als Service für die Gemeinde, die Region und unsere Kunden. Natürlich bekommen wir dadurch auch noch viel mehr Reichweite im Ort.“
In der Zukunft planen Sebastian Radunski und Melissa Weber, noch ein weiteres Studio zu eröffnen. Auch dabei werden sie sich sicher von keinen Widrigkeiten abhalten lassen.
Project Fit in Zahlen
Fläche des Studios gesamt: 1.600 m2
Kraft: 700 m2
Cardio: 200 m2
Freihantel: 200 m2
Kurse: 100 m2
Zirkel: 100 m2
Functional: 200 m2
Wellness: 100 m2
Ausstattung
Kraft: Matrix, Hammer Strength, Panatta, ATX
Cardio: Matrix
Gesundheit: milon
Diagnostik: milonizer 3.0
Wellness: Sauna, Solarium KBL megaSun
Mitarbeitende
17 gesamt, davon 1 Inhaber, 4 Festangestellte, 10 Minijobber, 2 Studierende
Adresse
Project Fit
Gustav-Schwab-Straße 3
72336 Balingen
Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:
Sörensen, A. (2025). Mut zum Risiko. fitness MANAGEMENT international, 1 (177), 18–22.