Spätestens seit Per Mertesackers „Eistonnen-Interview“ bei der Fußball-WM 2014 in Brasilien ist der breiten Öffentlichkeit bewusst, dass Profisportler ihrem Körper nach harten Belastungen eine Auszeit geben und dafür auch gezielt zu regenerationsfördernden Anwendungen greifen.
Training und Betreuung sind nah am Optimum
Auf Seiten der Trainingsbelastung hat die Wissenschaft in den vergangenen Dekaden große Fortschritte gemacht – in allen Teildisziplinen: Sportmedizin, Physiologie, Leistungsdiagnostik etc. Längst hat dieses Know-how auch seinen Platz in den Trainings- und Betreuungskonzepten in Fitness- und Gesundheitsanlagen gefunden.
Trainerinnen und Trainer vermitteln ihren Mitgliedern modernes Gesundheitstraining und verstehen es, Tools und Konzepte individuell als Add-on zu den Mitgliedsbeiträgen zu monetarisieren. Doch wie sieht es bei der Balance aus Belastung und Erholung aus?
Trainingsbelastung optimal kompensieren
Ob Trainer, Studiobetreibende oder Therapeuten – allen Fitness- und Gesundheitsprofis ist das Superkompensationsmodell bekannt: Nach einer Trainingsbelastung stellt der Körper in einer Erholungsphase nicht nur den Ausgangszustand der Leistungsfähigkeit wieder her, sondern erhöht diese über das Anfangsniveau hinaus, um dieser Belastung zukünftig besser widerstehen zu können.
Erfolgt die jeweils nächste Trainingsbelastung zum richtigen Zeitpunkt, kann dieser Vorgang ausgehend von einem jeweils neuen, höheren Leistungsniveau in einer Trainingsroutine mehrmals wiederholt werden. Trainierende erreichen so über einen Zeitraum eine Leistungssteigerung.
Interviews zum Thema
In weiteren Interviews sprechen Robert Jakublov, Alexandra Haase und Lukas Kohler über regenerationsfördernde Maßnahmen als lukrative Zusatzangebote.
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Dieses Modell stellt die Komplexität von Anpassungseffekten im Körper stark vereinfacht dar, da in der Realität viele Faktoren, wie z. B. die Art, die Intensität und die Dauer der Belastung sowie die individuelle Belastungsverträglichkeit bestimmen, wie lang eine optimale Erholungsphase sein und wie diese für eine bestmögliche Regeneration ausgestaltet werden sollte.
Regenerationsmanagement
Wenn Belastung und Erholung im Gleichgewicht sind, spricht manbvon erfolgreichem Regenerationsmanagement. Auch motivierte Sportlerinnen und Sportler können in ihrer Leistungsentwicklung stagnieren, weil die Trainingsbelastung aufgrund zu wenig verfügbarer Regenerationskapazitäten nicht mehr kompensiert werden kann (Berndt, 2021).
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Es kommt zu Ermüdungsprozessen; eine Verringerung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist die Folge. Schlimmstenfalls drohen gesundheitliche Beeinträchtigungen.
Ein gutes Regenerationsmanagement gewährleistet durch eine individualisierte Steuerung von Belastung und Erholung, dass der Regenerationsbedarf die verfügbare Regenerationskapazität niemals überschreitet, um dadurch optimale Leistungsvoraussetzungen zu schaffen. Dabei müssen sowohl physische als auch psychische Belastungen aus Training und Alltag berücksichtigt werden (Berndt, 2021).
„REGman“ (2012–2021)
Besonders wichtig ist Regeneration bei intensiven Trainingseinheiten und hohen -intensitäten sowie für erhöhte Wettkampfdichten.
Dementsprechend setzt sich Regenerationsmanagement in Training und Sport „aus der Regenerationsmessung durch ein Trainings- und Athletenmonitoring einerseits und der Auswahl und Anwendung von Regenerationsintervention andererseits zusammen, immer mit der Zielsetzung der Steigerung von Trainingsqualität und Trainingseffizienz sowie der Vorbeugung vor Überlastung und Verletzung im Sport“, so Prof. Dr. Thimo Wiewelhove, Mitwirkender am „REGman“-Projekt, das sich mit dem Regenerationsmanagement im Spitzensport befasst hat.
Das interdisziplinär ausgerichtete Projekt REGman wurde vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) gefördert und hat in seiner neunjährigen Laufzeit (2012 bis 2021) viele wichtige Erkenntnisse und Erfahrungen zum Thema „Regeneration im Spitzensport“ geliefert:
Für die Entscheidungsträger im Leistungssport lassen sich hieraus keine grundsätzlichen und für alle Athleten verschiedener Sportarten und Regenerationsszenarien gleichermaßen gültigen Empfehlungen formulieren.
Vielmehr bieten sich Freiheiten und Handlungsspielräume, die je nach individueller Bedürfnislage und spezifischem Anwendungsfeld sinnvoll gefüllt werden können. Wenig spricht dafür, eine große Gruppe von Leistungssportlern ohne Berücksichtigung der Individualität einem fixen Regenerationsregime zu unterziehen. (Meyer, Ferrauti, Kellmann & Pfeiffer, 2020)
Grundsätzlich rechtfertigen kurzfristige Erholungseffekte den dazu erforderlichen Aufwand auch dann, wenn keine weitere Trainings- oder Wettkampfbelastung am Tag erfolgt und daraus keine nachhaltige Leistungssteigerung am Folgetag resultiert.
Dies ist unter anderem auch eine wichtige Rechtfertigung für den vielfach erwünschten Einsatz von Massage. Das gute Körpergefühl von Athletinnen und Athleten „nach getaner Arbeit“ kann sogar als ein wesentliches Regenerationsziel jenseits der messbaren Effekte angesehen werden. Es liefert die Voraussetzung für Vorfreude und Selbstvertrauen im Hinblick auf die Herausforderungen des Folgetages und für einen erholsamen Schlaf. (Meyer, Ferrauti, Kellmann & Pfeiffer, 2016)
Erlösmodell Regeneration
Ein effektives Regenerationsmanagement ist aber nicht nur für Spitzensportlerinnen und -sportler, sondern auch für den Breitensport von großer Bedeutung. Ein individualisiertes Regenerationsmanagement stellt die Grundlage effektiver Trainingsplanung dar. Denn nur wer ausreichend regeneriert, wird letztendlich auch adaptieren (Berndt, 2021).
Hier kommen Fitnessstudios ins Spiel, deren Teams Regenerationsangebote aktiv gestalten, gezielt anbieten sowie deren Wirksamkeit vermitteln können. Das Angebot regenerationsfördernder Maßnahmen bietet für die Fitness- und Gesundheitsbranche ein enormes Wachstumspotenzial.
Moderne Studiokonzepte fußen auf ganzheitlichen Ansätzen für Fitness, Gesundheit und Wellness. Die Mitglieder sind heute offen für Angebote zur aktiven und passiven Erholung.
Welche Mittel und Wege stehen Studios zur Verfügung, um die Regeneration so optimiert, angenehm oder spektakulär zu gestalten, dass Studiomitglieder bereit sind, für diese Maßnahmen zusätzlich Geld auszugeben? Finden regenerationsfördernde Maßnahmen in Fitness- und Gesundheitsanlagen in dem Maße statt, wie es ihrer Bedeutung für den Trainingserfolg entspricht?
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In vielen Anlagen gibt es eine Sauna und eine Ernährungsberatung – beides sind wichtige Bestandteile eines Regenerationsmanagements, aber es geht noch viel mehr.
Recovery-Angebote in der Studiopraxis
Welche regenerationsfördernden Maßnahmen lassen sich erfolgreich in die „Trainings- und Erholungsplangestaltung“ sowie die Betreuungskonzepte von Studios integrieren? Welche Zielgruppen erreichen sie? Welche ökonomischen Perspektiven haben Recovery-Angebote?
Antworten auf diese Fragen geben Robert Jakublov, CEO bei UFC GYM Germany, Alexandra Haase, General Manager im Aspria Hamburg Uhlenhorst und Lukas Kohler, Geschäftsführer des KEO Fitness in St. Ingbert.
Auszug aus der Literaturliste
Berndt, P. (2021). Regenerationsmanagement. fitness MANAGEMENT international, 3 (155), 114–115.
Meyer, T., Ferrauti, A., Kellmann, M. & Pfeiffer, M. (2016). Regenerationsmanagement im Spitzensport. REGman – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen (1. Auflage). Köln: Sportverlag Strauß.
Meyer, T., Ferrauti, A., Kellmann, M. Pfeiffer, M. (Hrsg.). (2020). Regenerationsmanagement im Spitzensport. REGman – Ergebnisse und Handlungsempfehlungen (Teil 2). Köln: Sportverlag Strauß.
Für eine vollständige Literaturliste kontaktieren Sie bitte marketing@dhfpg-bsa.de.
Diesen Artikel können Sie folgendermaßen zitieren:
Sörensen, A. & Wolff, J. (2024). Recover me! fitness MANAGEMENT international, 5 (175), 26–28.