Eine Studie der DHfPG (2024) hat sechs unterschiedliche „Typen“ identifiziert, die in Fitness- und Gesundheitsanlagen in Deutschland trainieren.
Jede dieser Gruppen gleicht sich in sich mit Blick auf Variablen wie der emotionalen Verbundenheit zum Training, der Motivation und dem Ehrgeiz, der Loyalität zum Anbieter oder der bevorzugten Trainingsart.
Zu den anderen Gruppen unterscheiden sie sich möglichst stark.
Diese „Typologie der Fitnesstreibenden“ erlaubt es Betreibern von Fitnessanlagen, ihre Kunden genauer zu kennen, ihr Leistungsangebot für diese Kundengruppen zu optimieren und die Ressourcen für das Marketing effizient einzusetzen, indem nur diejenigen Personen angesprochen werden, die auch tatsächlich als potenzielle Kunden gelten.
Der EMS-Kunde
Gibt es etwas wie den „typischen“ Fitnesstreibenden? Während diese Frage klar zu verneinen ist, da sich Fitnesstreibende – wie die Studie zeigt – mit Blick auf viele Variablen unterscheiden, ist die Frage, ob es „den“ EMS-Kunden gibt, eher zu bejahen.
Denn: EMS-Training ist ein spezifisches Leistungsangebot, das sich vom klassischen Fitnesstraining in vielen Punkten unterscheidet und damit andere Zielgruppen anspricht.
Die Studie der DHfPG (2024) identifiziert Trainierende, die sich hauptsächlich in EMS-Studios finden, die sogenannten „Trainingspragmatiker“.
Diese für EMS-Anbieter attraktive Zielgruppe lässt sich anhand wichtiger Parameter beschreiben, die EMS-Betreiber für sich nutzen können.
Der Trainingspragmatiker – was ihn ausmacht
Die Trainingspragmatiker möchten das Training konsumieren, das heißt, dieses „vorgeformt“, möglichst ohne großen Eigeninvest absolvieren.
Beim Training setzt diese Gruppe auf Qualität und weiß um die Bedeutung von Lizenzen und akademischen Qualifikation der Trainerinnen und Trainer.
Trainingspragmatiker legen besonderen Wert auf ein betreutes Training, bei dem individuelle Motivation und professionelle Anleitung im Vordergrund stehen, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Mit durchschnittlich 45,3 Jahren sind die Trainingspragmatiker die älteste Gruppe, die die Studie identifiziert hat.
Mehr als jeder sechste Trainingspragmatiker hat die Position eines leitenden Angestellten oder Geschäftsführers inne.
Studierende finden sich in dieser Gruppe kaum.
Trainingspragmatiker sind beruflich häufig sehr eingespannt, was den starken Fokus auf Effizienz beim Training begründet.
Den Trainingspragmatikern ist, unabhängig von ihrem Alter, bewusst, dass Training positive Effekte für sie und ihre Gesundheit hat.
Vermutlich treibt sie genau dieses Wissen zum Training an. Gleichzeitig beschäftigen sie sich selbst aber nur durchschnittlich stark mit ihrer Gesundheit.
Es scheint, als müsse das Training als Gesundheitsbeitrag ausreichen, weil nicht mehr Zeit bleibt – ist das Training absolviert, wird beim Punkt „Gesundheitsbeitrag“ auf der To-do-Liste ein Häkchen für die Woche gesetzt.
Angetrieben von dem Wissen, dass Training einen positiven Effekt auf die eigene Gesundheit hat, räumen sie dem Training einen festen Platz in ihrer wöchentlichen Routine ein.
Training hat eine hohe Priorität für diese Zielgruppe (vgl. Abb. 1) und je effizienter das Training gestaltet ist, desto zufriedener sind die Trainingspragmatiker.
Was ihn von anderen Fitnesstypen unterscheidet
Im Vergleich zum Gesamtmarkt hat Gesundheit als Trainingsmotiv für diese Gruppe eine übergeordnete Bedeutung.
Gemeinsam mit der starken beruflichen Einbindung erklärt sich hier die Wahl für das EMS-Segment, in dem die besten Erfolge in der nur begrenzt verfügbaren Zeit realisiert werden können.
Denn nur eine knappe Stunde pro Woche verbringen Trainingspragmatiker mit ihrem Training. Und hierin liegt der wohl deutlichste Unterschied zu den anderen Gruppen.
Zum Vergleich: Ambitionsgetriebene, häufig zu finden im Bereich des Functional Trainings, investieren wöchentlich durchschnittlich 4,5 Stunden in ihr Training, Enthusiasten sogar mehr als fünf Stunden.
Kundengruppe erweitern?
Sicherlich stellt sich die Frage, ob es nicht attraktiv für EMS-Anbieter wäre, auch weitere der genannten Zielgruppen anzusprechen. Hierbei aber läuft man Gefahr, den Fokus auf die eigentliche Zielgruppe zu verlieren. Hinzu kommt, dass sich die Bemühungen um andere Zielgruppen meist gar nicht unbedingt lohnen.
Ein Beispiel: Für Ambitionsgetriebene hat Training Vorrang vor allem anderen in ihrem Leben. So zeichnen sie sich durch eine enorm hohe Trainingszeit und -häufigkeit aus. Etwas, das mit EMS-Training so gar nicht realisierbar ist.
Kunden gewinnen – worauf es zu achten gilt
Vor dem Hintergrund der dargestellten Erkenntnisse sollten die Marketingmaßnahmen überprüft werden. Sprechen diese wirklich die skizzierte Zielgruppe der Trainingspragmatiker an oder richten sie sich doch an Zielgruppen, die für das EMS-Training vermutlich überhaupt nicht zu begeistern sind?
Zeigt das Werbemittel beispielsweise einen sehr durchtrainierten jungen Mann, der per Definition der Studie in die Gruppe der Ambitionsgetriebenen fällt, fühlt sich diese Gruppe von der Werbemaßnahme vielleicht tatsächlich angesprochen – aber: Wie bereits dargelegt, ist deren Trainingsverhalten (überwiegend viermal pro Woche oder häufiger) so in EMS-Studios gar nicht zu realisieren. Diese Gruppe eignet sich also schlichtweg nicht als potenzielle Zielgruppe und sollte daher auch nicht Adressat der Marketingmaßnahmen sein.
Um die Marketingmittel zu optimieren, gilt es, sich genau mit den Trainingspragmatikern zu befassen und das, was sie bewegt, in den Kommunikationsmaßnahmen auch aufzugreifen. Ein Nutzen der Erkenntnisse aus der Studie der DHfPG (2024), gepaart mit einer kritischen Reflexion der aktuellen Marketingausrichtung ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Und Potenzial für EMS-Anbieter gibt es enorm, denn potenzielle Trainingspragmatiker finden sich nicht selten in der deutschen Gesellschaft.
Trainingspragmatiker – Potenzial in der Gesellschaft
Überträgt man ausgewählte Merkmale der Trainingspragmatiker auf die Gesamtbevölkerung in Deutschland, lässt sich die relevante Zielgruppe eingrenzen und es lassen sich daraus Potenziale für das EMS-Segment ableiten.
Nahezu zwei Drittel der Trainingspragmatiker befinden sich in einem Angestelltenverhältnis und im Vergleich mit den anderen Fitnesstypen hat diese Zielgruppe den höchsten Anteil an Führungskräften (16,9 %) und Selbstständigen (13,5 %). Auch die Akademikerquote liegt bei den Trainingspragmatikern mit 55 Prozent am höchsten unter allen Fitnesstypen.
EMS-Kunden lassen sich demnach zum überwiegenden Teil der mittleren und oberen Bildungsschicht zuordnen und sind besonders kaufkräftig: Diese Premiumzielgruppe verfügt über ein hohes verfügbares Einkommen und eine starke Kaufkraft, die sie in die Lage versetzt, hochwertige Dienstleistungen wie das betreute EMS-Training zu konsumieren.
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Im Vergleich mit den anderen Trainierendengruppen ist die Wochenarbeitszeit der Trainingspragmatiker mit durchschnittlich 38,9 Stunden am höchsten. Zudem verfügen sie über das höchste monatliche Nettoeinkommen.
Bildet man eine Alterskohorte von 30 bis 59 Jahren, die sich am Durchschnittsalter der Trainingspragmatiker orientiert (45,3 Jahre +/− 15 Jahre), gehören rund 29,1 Mio.
Erwerbstätige in Deutschland zu dieser Altersgruppe (Statistisches Bundesamt, 2024). Davon befinden sich 21,7 Mio. in einem Angestelltenverhältnis, rund ein Drittel aus dieser Gruppe übernimmt Führungsaufgaben (Hammermann & Stettes, 2024).
Neben den Angestellten zählen auch Selbstständige zu den Erwerbstätigen. In die genannte Alterskohorte fielen im Jahr 2023 rund 2,4 Mio. Selbstständige. Die Akademikerinnen und Akademiker nehmen in dieser Betrachtung eine Sonderrolle ein, da sie mit allen genannten Beschäftigungsarten eine Schnittmenge bilden.
Im Betrachtungszeitraum 2023 konnten rund 8,6 Mio. Bundesbürger im Alter von 30 bis 59 Jahren einen akademischen Abschluss vorweisen. Abbildung 2 gibt einen kurzen Überblick über die genannten Zahlen.
Fazit
Die Studie der DHfPG (2024) macht mit dem „Trainingspragmatiker“ die Kundengruppe der EMS-Studios greifbar. EMS-Anbieter können die Daten heranziehen, um ihre Kundschaft besser zu verstehen.
Darüber hinaus ermöglichen die Daten es den EMS-Anbietern, ihre Zielgruppe von den Nichtzielgruppen abzugrenzen, um das Potenzial in der Gesellschaft, das sich für EMS-Betreiber bietet, nutzen zu können. Denn wer seine (potenziellen) Kunden kennt und versteht, kann sie auch für sich gewinnen und halten.