Fitness, Management | Autor/in: Alisha Dittmer & Carolin Schmidt |

Interview Andreas Pürzel, DASGYM.: „Wo Krafttraining eine Religion ist“

„DAS PERFEKTE FITNESSSTUDIO FÜR KÖRPERLICHE & MENTALE HYPERTROPHIE.“ – wer mit diesem Claim wirbt, erweckt hohe Erwartungen. Doch im DASGYM. in Wien ist das nicht nur eine bloße Behauptung, sondern gelebte Wahrheit. Grund genug, Inhaber und Gründer Andreas Pürzel nach seinem Erfolgsrezept zu fragen.

DASGYM. in Wien – Interview mit Andreas Pürzel

fM: Andi Pürzel, Ihren Namen kennt man in der Branche nur zu gut. Aber wie sind Sie zum Krafttraining und schließlich zu Ihrem eigenen Gym gekommen?

Andreas Pürzel: Da meine Eltern beide Sportlehrer waren, wurden mir Bewegung und Fitness sozusagen in die Wiege gelegt. Obwohl ich schon früh sehr sportlich war, mangelte es mir in meiner Pubertät aber an Selbstvertrauen. Deswegen habe ich mich auf das Training mit dem größten Output auf die Optik konzentriert, also Kraftsport. Mit 19 habe ich dann die ersten Wettkämpfe im Kraftsportbereich, genauer gesagt Strongman, absolviert. So bin ich immer stärker und massiger geworden.

Mit der Ausbildung zum Fitnesstrainer habe ich diese Leidenschaft zu meinem Beruf gemacht und angefangen, als Referent zu arbeiten. Ich hatte also sehr früh drei Perspektiven auf die Branche: als Mitglied in sehr vielen unterschiedlichen Fitnessstudios, als Mitarbeiter und als Leistungssportler.


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Aber mir gefielen einige Dinge nicht: Zum Beispiel war das Equipment des Fitnessstudios, in dem ich gearbeitet habe, anders zusammengestellt, als ich es angedacht hätte. Und die Akademie, für die ich tätig war, hatte hinsichtlich Dauer, Mittel sowie Art und Weise des Unterrichts andere Vorstellungen als ich.

Also habe ich schlussendlich meine eigene Fitnesstrainerausbildungsakademie gegründet, einen Online-Shop etabliert, Bücher veröffentlicht und am 1. April 2016 das DASGYM. eröffnet. Mittlerweile planen wir auch ein Franchisekonzept für eine Restaurantkette.

Inwiefern haben diese Erfahrungen Sie und das DASGYM. geprägt?

Ich konnte herausfinden, was ich als gut und was als schlecht empfinde – und zwar jede Kleinigkeit, vom Empfang über die Garderoben, die Duschen, das Training, das Essen bis hin zur Musik. Es war nicht mein Plan, ein Gym zu gründen, aber ich habe am eigenen Körper gespürt, worauf es ankommt, und das konnte ich später wieder abrufen.

Man sollte auch die Mitarbeitersicht kennen. Wenn man selbst mal angestellt war und mit seinem Boss kommuniziert hat, dann weiß man genau, was er gut und was er nicht gut gemacht hat und kann das in seine Qualität als Chef einfließen lassen.

Geht es im Konzept von DASGYM. nun schlussendlich „nur“ um Eisen und Gewichte?

Also „nur“ ist etwas degradierend. Eisen ist das Mittel zum Zweck. Warum gehen Leute denn ins Fitnessstudio? Um Muskelmasse und Kraft aufzubauen oder um die koordinativen Fähigkeiten auszubilden. Aber was wollen sie damit erreichen – was ist ihr eigentliches Motiv? Sie wollen sich selbst als Macher präsentieren, der Durchhaltevermögen hat, der Risiken eingeht, der aufgrund seines Trainings langfristig denkt. Oder sie wollen mehr Chancen am Beziehungs- oder Karrieremarkt – die Optik ist und bleibt einer der Hauptgründe für Kraftsport. Die Trainierenden bauen mehr Selbstvertrauen und Selbstliebe auf. Sie lernen, ihren Alltag so zu planen und einzuteilen, dass sie ihre Ziele sinnvoll erreichen.

Daran haben wir unser Gym-Konzept ausgerichtet. Und deswegen haben wir keine „Karteileichen“. Im Schnitt trainieren unsere Mitglieder 4,3 Mal pro Woche.

Trainieren bei Ihnen ausschließlich erfahrene Kraftsportler oder finden auch Einsteiger den Weg ins Krafttraining?

Das ist eine ziemlich geile Sache: Zu uns kommen Anfänger, die aber nicht lange Anfänger bleiben. Sie werden schnell zu Fortgeschrittenen, weil sie direkt wie indirekt vom Umfeld gecoacht werden: Indirekt zeigen die anderen Trainierenden, wie es richtig geht. Direkt wirst du korrigiert, wenn du irgendwas falsch machst. Weil auch unsere Anfänger mit Fortgeschrittenenequipment arbeiten, werden sie auch viel schneller besser.


 

Über unseren Interviewpartner

Der ambitionierte Kraftsportler Andreas Pürzel hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht und mit dem DASGYM. einen Kraftsporttempel in Österreichs Hauptstadt Wien erschaffen. Seine Erfahrung, die er als Mitglied, Trainer und Studioleiter in vielen Jahren in der Fitnessbranche sammeln konnte, gibt er heute in Büchern, Seminaren, aber auch auf der Trainingsfläche weiter.


Wer sich so effizient wie möglich optimieren möchte, der wird meiner Meinung nach bei uns besseren Anschluss finden als in anderen Gyms ohne No-Bullshit-Philosophie.

Welche Unterstützung bieten Sie denjenigen, die Kraftsport auf Wettkampfniveau betreiben möchten? Setzen Sie rein auf Technikbetreuung oder geht es auch um das Mentale?

Alle Geräte, das Equipment, die Werkzeuge sind wettkampfgeeignet, zum Beispiel alle Scheiben und Stangen sind „IPF Approved“ (Anm. d. Red: International Powerlifting Federation). Das ist in anderen Gyms oft nicht so und meiner Meinung nach ein großer Fehler, weil auch in jeder anderen Sportart die Leistungsträger gefördert werden.


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Wir setzen auf Mental Skills, auch wenn wir kein Coaching anbieten. Wir haben beispielsweise Kurzhanteln bis 150 Kilo mit dem Ziel, dass niemals jemand damit trainieren wird. Wir zeigen unseren Mitgliedern aber, dass es immer noch besser geht. Wir versuchen auch, alle fünf Sinne der Trainierenden ständig zu reizen und sie dadurch zu motivieren:

Es muss nach Eisen riechen, die richtige Musik muss laufen, das Equipment die richtige Haptik haben und alles, was das Auge erblickt – Bilder, Terminator-Figuren und Monitore, muss zum härteren Training anspornen.

Warum haben Sie ein Gym eröffnet, das sich auf Kraftsport und seine vielen Facetten fokussiert? Würden Sie anderen Studios eine solche spitze Ausrichtung empfehlen?

Ja, auf jeden Fall den personengeführten Gyms. In Zukunft werden die zwei Extreme von Studios bestehen bleiben: auf der einen Seite diese typischen Ketten mit relativ günstigem Angebot und auf der anderen Seite die Spezialisten, die sich auf einen konkreten Aspekt fokussieren. Gerade sie dürfen sich nicht zu sehr verwässern lassen.

Ein Fitnessstudio darf heutzutage aber nicht nur diese Spezifikation im Equipment anbieten, sondern diese auch mit anderen Aspekten unterstützen, zum Beispiel mit der Gastronomie. So kann man den Mitgliedern direkt im Gym die richtige Ernährung anbieten und das wird auch in Anspruch genommen, wie man bei uns sieht.

Ein anderer Aspekt ist zum Beispiel Merchandising, also Bekleidung, unterschiedliche Produkte, die die Community einen und ihren Zusammenhalt, die Identifikation mit der Marke fördern.

Ganz wichtig ist bei all dem aber, dass man mit der Zeit geht, sonst geht man mit der Zeit. Deswegen sollte man auch immer versuchen, auf moderne Technik zu setzen. Das sind alles Aspekte, die breit aufgestellte Gyms nicht nutzen oder nur sehr langsam umsetzen können.

Nicht nur die Geschichte der Branche ist im DASGYM. präsent. Sie haben mit PROBOWL. sogar ein eigenes gyminternes Restaurant. Wie wird das bei Ihren Gästen angenommen?

Seit der Eröffnung unseres Gyms gibt es unser hausinternes Restaurant, das seit drei Jahren den Namen PROBOWL. trägt. Es lieferte auch das Konzept zum DASANABOL., dem Vorreiter des ANABOL., dem eigenständigen Restaurant ca. 500 Meter vom Gym entfernt. Aus dem PROBOWL. möchten wir nun ein Franchise machen.

Ganz am Anfang hat noch meine Mama diese typischen Fitnessmahlzeiten wie Hühnerfleisch mit Reis gekocht. Bereits damals hatten wir damit einen Umsatz von ca. 15.000 Euro im Monat. Heute bieten wir unsere vorbereiteten Signature-Mahlzeiten an.

Alternativ können unsere Mitglieder auch ihre eigenen Kreationen zusammenstellen. Mittlerweile machen wir so einen Umsatz von ca. 40.000 Euro pro Monat.

Dieses Angebot trifft genau die Nachfrage, weil man nach dem Training etwas essen will oder muss, aber das schnell und effizient. Besonders die Powerlifter, die viel Volumen brauchen und immer hungrig sind, wissen das Angebot sehr zu schätzen.

Gab es in den letzten paar Jahren auch Herausforderungen, denen Sie sich stellen mussten? Und welche Lehren haben Sie daraus gezogen?

Man muss jeden Tag 100 Prozent professionell und ehrlich zu allen anderen und vor allem zu sich selbst sein. Die größte Herausforderung ist meiner Erfahrung nach die zwischenmenschliche Kommunikation.

Es kommt so oft zu Fehlkommunikation und Missverständnissen. Deswegen sollte man die Eigenschaft aufbauen, alles mit einer professionellen Leichtigkeit zu nehmen, ohne dabei naiv zu werden.

Im Endeffekt macht es alles aber auch interessant, denn das ist der Hauptgrund, warum man sich für diesen Weg entschieden hat: Man will das Problem der Menschen, nämlich zu wenig Muskelmasse, lösen und das besser sowie schneller als die Konkurrenz.

Krafttraining wird explizit bei Frauen immer beliebter. Warum sind Sie der Meinung, dass Freihanteltraining gerade auch für Frauen geeignet ist?

Alle können alles machen, was sie möchten. Aber man muss sich der Auswirkungen bewusst sein. Frauen und Männer wollen das Gleiche: Sie wollen ihre Muskeln trainieren. Sie sollten also auch genau gleich trainieren, wenn sie das gleiche Ziel haben.

So muss ein Gym funktionieren. Das Ziel entscheidet, nicht das Geschlecht. Ein Fitnessstudio ist immer ein neutraler Boden, der die Werkzeuge anbietet. Und der Kunde entscheidet, welche Werkzeuge er nimmt und wie er sie einsetzt.

Machen Sie explizit Marketing für die Zielgruppe Frauen?

Viele Frauen wollen keinen Hut kaufen, den ein Mann in einer Werbung trägt, und genau das Gleiche gilt für Training. Wobei es bei uns ein bisschen leichter ist, weil die Sportart im Vordergrund steht und nicht die Geschlechterrolle.

Wir haben Werbeclips über Powerlifting und über Weightlifting gedreht. In diesen ist nicht so wichtig, wer Powerlifting oder Weightlifting macht, sondern es geht um das Wie, das richtige Equipment und die richtige Atmosphäre. Mittlerweile schalten wir aber eigentlich keine Werbung für Mitgliedsbeiträge oder Mitglieder. Das ist zum Selbstläufer geworden.

Sie rufen eine monatliche Gebühr von über 100 Euro auf. Wie rechtfertigen Sie diesen hohen Preis vor Neumitgliedern oder Interessierten?

Man muss den psychologischen Aspekt sehen: Wer mehr verlangt, zeigt, dass sein Angebot mehr wert ist. Wie kann also eines der besten Gyms der Welt billig sein? Das passt nicht zusammen.

Außerdem muss ein Gym auch finanziell überleben bzw. leben können. In vielen Gyms bleibt am Ende so wenig hängen, dass die Eigentümer mit 2.000 Euro jeden Monat rausgehen, wenn überhaupt – und das für einen 16- oder sogar 18-Stunden-Tag.

Aber viele haben Angst, das zu verlangen, was ihnen aufgrund ihres Angebotes auch zusteht und was man, wenn man ehrlich ist, auch für Gesundheit bezahlen wollen sollte. 100 Euro hören sich auch nur viel an, weil wir 20 Euro im Kopf haben. Dabei sollten Gesundheit und Training bei jedem Menschen ein fundamentales Gewicht im Leben haben.

Man sollte den Mitgliedern kommunizieren und ihnen klar machen, was mit ihrem Mitgliedsbeitrag passiert. Zum Beispiel bezahlen wir davon den Gym-Schmied, der dreimal pro Woche während des Studiobetriebs Geräte schweißt, verbessert, Veränderungen vornimmt. Es wird auch ständig neues Equipment gekauft. Und solange die Mitglieder diesen Zusammenhang sehen, sind sie auch bereit, dafür zu zahlen.

Die Selbstsicherheit von Ihnen und für Ihre Dienstleistung drückt sich auch im Namen aus: DASGYM. Warum haben Sie sich für diesen plakativen Namen entschieden?

Das ist eine lustige Geschichte. Wir haben überlegt, was die Leute auf die Frage „Wo trainierst du?“ antworten – „im John Harris“, „im Holmes Place“ oder „im Manhattan“. Das sind alles prägnante Namen. Und wir wollten, dass unsere Kunden darauf mit „im GYM“ antworten können – auf die Nachfrage „Welches Gym?“ folgt dann „Na, DASGYM.“. Und das klingt sehr richtig.

GYM ist außerdem ein internationaler Begriff, den jeder versteht. Gleichzeitig ist es ein prägnantes Statement, das zeigt, wir sind etwas Besonderes.

Sie haben vor einigen Jahren eine Kooperation mit gym80 gestartet. Wie ist hier der aktuelle Stand? Wie wird die Zusammenarbeit auch in Zukunft aussehen?

Wir haben Geräte für gym80 analysiert und die Mechanik mitentwickelt. Das war für uns super geil, weil es genau unsere Leidenschaft getroffen hat, nämlich Geräte produzieren. Dann haben wir die No-Bullshit-Line herausgebracht mit einem Patent auf den Load-Drop-Mechanismus.

Durch Missverständnisse ist aus dieser Kooperation damals nicht das geworden, was daraus hätte werden sollen. Vor einiger Zeit war ich aber wieder bei Schimmy (Anm. d. Red.: Schimmy ist der Spitzname von Simal Yilmaz), dem CEO von gym80. Wir haben sehr viel geredet und uns gut verstanden. Nun überlegen wir gerade, wie wir weiterhin zusammenarbeiten können.


Über das Studio

Das Wiener Fitnesstudio DASGYM. hat sich ausschließlich auf Kraftsport spezialisiert. Auf rund 4.000 Quadratmetern bleiben für Trainingsenthusiasten keine Wünsche offen: 27 Rackstationen, elf Wettkampfbänke, mehr als 100 Wettkampfstangen, 250 Plate- und Stackloaded Geräte und auf die Zielgruppe angepasste Trainingsclasses und -areas.

Doch schwere Gewichte sind nicht alles: DASGYM. überzeugt geichzeitig mit seiner Optik, in der die Geschichte des Kraftsports eine wichtige Rolle spielt. Der ganzheitliche Trainingsansatz wird um das PROBOWL. ergänzt, in dem „Performance Food“ direkt vor Ort angeboten wird. 

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